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Urteil in NRW: Bewährungsstrafe für Eltern nach Kinder-Martyrium - Kinderhilfe: "Justizskandal"

Mehr als zwei Jahre lang haben Eltern ihre kleinen Zwillinge (5) in Xanten immer wieder gefesselt und eingesperrt. Wegen Verletzung der Fürsorgepflicht und Freiheitsberaubung verurteilte das Landgericht Kleve die Eltern nach nur wenigen Stunden Verhandlung zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung.

Eine Misshandlung der Kinder sah das Gericht als nicht erwiesen an. Die Deutsche Kinderhilfe sprach nach dem Urteils von einem "Justizskandal". Hier zeige sich, "dass Kinder bei vielen Gerichten immer noch nur Opfer zweiter Klasse sind.“

Der 39-Jährige Vater legte ein Teilgeständnis ab. Er habe sich mehr um den Hund als um seine Kinder gekümmert. Die Mutter (36) stritt dagegen alles ab. Das Leiden der kleinen Mädchen kam ans Licht, als der Vater mit einer seiner Töchter bei einem Arzt vorstellig wurde.

Als Ärzte und Behördenmitarbeiter die Kinder zu Gesicht bekamen, bot sich ihnen ein elendes Bild: Die fünfjährigen Mädchen waren unterernährt und ausgetrocknet, wund bis auf das rohe Fleisch, hatten die Haare büschelweise ausgerissen und Striemen an den Handgelenken. Ihr kleinen Körper waren mit blauen Flecken übersät, berichtete der Staatsanwalt in Moers. Zwischen ihrem dritten und fünften Lebensjahr waren die Zwillinge im Kinderzimmer immer wieder lange Zeit eingesperrt und oft gefesselt.

Nach außen hin spielte die Familie heile Welt. Der Vater sagte aus, seine 36-jährige Frau sei überreinlich und akkurat. Er habe sich kaum um seine Kinder gekümmert und es nicht geschafft, dem Treiben seiner Frau ein Ende zu setzen und sich zu sehr geschämt, um Hilfe zu holen. Wenn er von der Arbeit kam und seine gefesselten Kinder befreite, habe seine Frau ihn angewiesen, sie wieder festzubinden.

Die 36-Jährige bestritt fast alle Vorwürfe: Sie habe ihre Kinder weder geschlagen noch gefesselt und auch keine Misshandlungen gesehen. Die blauen Flecken hätten die Kinder vom Sturz aus dem Hochbett, habe sie vermutet.

Die Kinderhilfe protestierte nach dem Urteil: „Dass der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung nicht berücksichtigt wurde, das kann nur und muss als handfester Justizskandal bezeichnet werden.“ Die Kinder würden ein Leben lang unter den Folgen leiden. Ein solches Urteil habe fatale Signalwirkung. Die Staatsanwaltschaft solle Rechtsmittel einlegen.

Die Mutter sagte aus, sie habe ihre Kinder vielleicht etwas vernachlässigt, weil sie überfordert gewesen sei. Ihre eigene Kindheit in einem Heim sei sehr schlimm gewesen - sie „kenne es daher gar nicht anders“. Ein später geborenes Kind ist nach wie vor in ihrer Obhut. Das sei falsch und nicht nachvollziehbar, meinte die Kinderschutzorganisation.

Der Vater hatte einer seiner Töchter zum Arzt gebracht, weil das unterentwickelte Mädchen beim Gehen schwankte. Dabei kollabierte das Kind und kam ins Krankenhaus. Die Ärzte alarmierten das Jugendamt und deckten damit auch den desolaten Zustand der kleinen Schwester auf. (dpa)

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