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Trockengefrorene Nahrung hat Konjunktur.

© REUTERS

US-Bürger horten Trockenfutter: Gesund in den Untergang - Katastrophen-Lebensmittel werden ökologischer

Der Markt für Lebensmittel für den Katastrophenfall wird immer vielseitiger. Das trockengefrorene Essen wird immer gesünder. "Sandy", Finanzkrise, Angst vor dem wirtschaftlichen Abstieg - der Boom wird auch ohne Maya-Prophezeihung genährt.

New York - Die boomende Katastrophenindustrie in den USA bietet immer vielseitigere, gesündere und hip verpackte Lebensmittel an, mit denen sich Amerikaner in ihrer Angst vor Katastrophen- und Weltuntergangsszenarien eindecken können. Früher waren das graue Einheitspakete, deren Inhalt fade schmeckte.

Sogenanntes „Emergency Food“ ist nicht nur wegen des Maya-Kalenders in aller Munde. Katastrophen wie „Sandy“, die Finanzkrise, die Angst vor wirtschaftlichem Abstieg, all das in Verbindung mit den im Christentum gut eingeführten Vorstellungen einer Apokalypse lassen viele Amerikaner Essensvorräte anlegen.

„Emergency Food“ – hinter dieser Bezeichnung verstecken sich vakuumverpackte Gerichte, die laut Herstellerberichten bis zu 30 Jahre Haltbarkeit versprechen und mühelos im Internet bestellt werden können. Nach einem Bericht der „New York Times“ ist der Umsatz dieser Gerichte, denen nur noch Wasser zugemischt werden muss, in den vergangenen vier Jahren zwischen 20 und 100 Prozent pro Jahr angestiegen.

Dass dieser Trend schon vor längerer Zeit an Fahrt aufnahm, belegt, dass Weltuntergangsfantasien auch ohne MayaKalender ein Thema sind, das viele Menschen bewegt.

Liberale Großstädter haben sich lange Zeit darüber lustig gemacht. „Endzeit-Essen für Radikale“ war ihre Spottbezeichnung für „Emergency Food“, mit dem sich früher nur aus ihrer Sicht rückständige Ländler eindeckten. Heute finden diese versiegelten Mahlzeiten, die an die „EPa-Pakete“, also die Einmann-Pakete der Bundeswehr erinnern, plötzlich reißenden Absatz unter den reichen Yuppies in Soho und der Upper East Side von Manhattan. Das mag vielleicht daran liegen, dass viele Firmen, die diese Pakete zusammenstellen, von Rinder-Ragout bis hin zum vegetarischen Gemüseauflauf, längst viel mehr Wert auf Marketing, Verpackung und eben auch Inhalt legen. Keine grauen Pakete mit langweiliger schwarzer Beschriftung mehr, sondern hippe, bunte Menüs, die, so schreibt die „New York Times“, „im Angesicht einer Apokalypse einfacher zu essen sind“. Hinzu kommt, dass die Hersteller den Trend der Zeit erkannt haben und glutenfreie, vegetarische und gar rein veganische Menüs anbieten.

Eine der Firmen, die „Emergency Food“ herstellen, heißt FoodInsurance.com. Das Hauptquartier liegt in Kaysville im Mormonen-Bundesstaat Utah. „Unsere Verkaufszahlen sind im vergangenen Jahr um 80 Prozent angestiegen“, sagt Mark Hyland, der weiß, dass Naturkatastrophen in den USA das Geschäft „extrem angetrieben haben“. Mehr als 20 Firmen verkaufen mittlerweile „Emergency Food“ im Internet. Und auch große Supermarktketten wie Costco oder Walmart bieten diese Produkte an.

In den USA ist es noch heute nicht ungewöhnlich, dass sich ganze Kommunen in der Wüste von New Mexico oder Nevada verschanzen, auf die Endzeit wartend, mit reichlich „Emergency Food“ im Vorratskeller. Konservative Radio-DJs schüren das Feuer, indem sie ihren Anhängern raten, „sich auf das Unausweichliche vorzubereiten“. Vor allem Anhänger der Republikaner sind die Zielgruppe der Endzeit-Food-Hersteller. Da wird das „Emergency“-Steak mit Kartoffelpüree schön im republikanischen Rot verpackt, da glänzen die amerikanische Flagge und der Weißkopfadler auf dem Truthahn-Gericht. Frank Siering

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