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Panorama: Vorgelesen: "Liebe und andere Unglücksfälle" - Hellmuth Karasek über Iwan Bunins Novellen

Im Jahr 1933 erhielt der russische, im Pariser Exil lebende Schriftsteller Iwan Bunin den Nobelpreis für Literatur. Bunin war 63 Jahre alt und im Berliner Emigrantenverlag "Petropolis" die zwölfbändige russische Gesamtausgabe erschienen - er hatte Tolstoi und Tschechow gut gekannt (beider Einfluss ist seinen Schreiben anzumerken) und war bei Gorki in Italien auf Besuch gewesen.

Im Jahr 1933 erhielt der russische, im Pariser Exil lebende Schriftsteller Iwan Bunin den Nobelpreis für Literatur. Bunin war 63 Jahre alt und im Berliner Emigrantenverlag "Petropolis" die zwölfbändige russische Gesamtausgabe erschienen - er hatte Tolstoi und Tschechow gut gekannt (beider Einfluss ist seinen Schreiben anzumerken) und war bei Gorki in Italien auf Besuch gewesen. Thomas Mann schätzte Bunin, vor allem seinen "Herrn aus San Francisco", den er ebenbürtig neben Tolstois "Tod des Iwan Iljitsch" stellte.

Jetzt sind in Enzensbergers "Anderer Bibliothek" bei Eichborn Novellen Bunins erschienen, die den treffenden, trefflichen Titel "Liebe und andere Unglücksfälle" tragen. Es sind eher Short Stories als Novellen und sie handeln, lakonisch erzählt und doch von atmosphärischer Fülle, fast ausschließlich vom glücklichen Unglück der Liebe, exaltiertem Leben und theatralischem Tod, von seliger Sehnsucht und unseliger Erfüllung; es sind kalt geschriebene Geschichten voller echter und verlogener Gefühle - fast alle um die Endzeit des zaristischen Russland angesiedelt, auch wenn sie zum Teil erst nach 1940 geschrieben und publiziert worden sind.

Bunin hasste (wie übrigens auch sein ebenfalls emigrierter Landsmann Vladimir Nabokov) Dostojewski, dessen moralische Zuckungen von Schuld und Sühne - und das merkt man seiner Prosa an, die Mitgefühl und Distanz zu vereinen weiß und auf Tschechowsche Weise ironisch gerührt von den (oft tödlichen) Narreteien der Gefühle erzählt.

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