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Panorama: Wer den Cent nicht ehrt, ist die Spaghetti nicht wert

In Griechenland werden Euro-Münzen kaum beachtet. Die Regierung befürchtet eine Inflation. Nun werben Schauspieler in TV- und Radiospots für das Kleingeld

Von Gerd Höhler, Athen

1,67 Euro kostet die Doppelpackung Fruchtjoghurt im Athener Supermarkt Veropoulos, 1,70 Euro legt der Kunde hin, aber die Mühe, drei Cent Wechselgeld herauszugeben, macht sich die Kassiererin nicht.

So geht es an vielen Kassen zu. Den Euro nehmen die Griechen gut an, denn der verspricht ihnen nach drei Jahrzehnten hoher Inflation endlich Preisstabilität und niedrige Zinsen. Aber den Cent ehren sie nicht. Die braun- und goldfarbenen Münzen werden gering geschätzt. Das soll sich ändern. „Beim Euro zählt jeder Cent", lautet das Motto einer aufwändigen PR-Kampagne, die diese Woche anlief. Populäre Schauspieler, wie der legendäre Komiker-Altstar Thanassis Vengos, machen Werbung für die neue Währung. In einem der TV-Spots kommt zum Beispiel ein Kunde in einen Laden, um eine Zeitschrift zu kaufen. 1,30 Euro kostet das Magazin, zwei Euro kramt der Kunde aus dem Portemonnaie und sagt: „Verschon mich mit dem Wechselgeld!" Da legt der Verkäufer, Thanassis Vengos, ein Paket Spaghetti und eine Dose Tomatenmark auf den Ladentisch - so viel gibt es für das verschmähte Kleingeld! Die „wertvollste" Münze war früher das 100-Drachmen-Stück, umgerechnet keine 30 Cent. Dass ein Euro immerhin 340 Drachmen entspricht, machen sich die meisten Verbraucher nicht klar. „Viele wollen kein Wechselgeld", berichtet eine Kassiererin. „Manche Kunden lassen sogar Zehn- und Zwanzigcentmünzen liegen.“

Der Athener Regierung bereitet die Geringschätzung der Münzen Sorge, weil sie zur Inflation beiträgt. Die Teuerungsrate in Griechenland lag im September immerhin bei 3,8 Prozent. Im Jahresdurchschnitt wird mit 3,6 Prozent gerechnet, gegenüber rund zwei Prozent im Durchschnitt der Euro-Zone. Die hohe Inflation könnte langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Landes beeinträchtigen. Deshalb soll den Griechen mit der Werbekampagne für die Euro-Münzen Preisbewusstsein beigebracht werden. Neben den TV-Filmen gehören auch Radiospots, Zeitungs- und Zeitschriftenanzeigen dazu. An den Kosten beteiligt sich die EU.

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