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Panorama: Den Bretonen in die Noten geschaut

Jugendliche des Albert-Einstein-Gymnasiums trafen Gymnasiasten aus der Bretagne und recherchierten musikalische Vorlieben

18 Oberschüler des AlbertEinstein-Gymnasiums in Britz haben im April 24 Jugendliche des Lycée Felix Le Dantec in Lannion in der Bretagne besucht. Gemeinsam haben sie über bretonische Musik recherchiert und für den Tagesspiegel ihre Erfahrungen aufgeschrieben, was wir im folgenden dokumentieren.

BENJAMIN UND SEINE BAND

Boum! Ein Ellbogen im Rücken, ein Knie im Bauch. Der Boden bebt, die Menge tobt. Hände tragen einen langhaarigen Jungen. Er ist glücklich. Alle Augen richten sich auf die drei Musiker über ihm. Es sind die drei von „La vit’sef“, was „auf die Schnelle“ bedeutet. Ihr Musikstil ist Reggae, ihre Sprachen sind Französisch und Bretonisch. Seit eineinhalb Jahren spielen die Brüder Sebastian (23, Gesang und Gitarre), Jérémy (20, Bass) und Benjamin (18, Schlagzeug und Gesang) zusammen. „Wir züchten Vieh und bauen Gemüse an. Von dem gesparten Geld kaufen wir Instrumente und verreisen, um neue Musik kennen zu lernen.“ Weil sie viel Zeit miteinander verbringen, sind sie ein eingespieltes Team und lassen viel Persönliches in ihre Lieder einfließen: vom Tod der Ziegen über die Umweltverschmutzung bis hin zu Liebesliedern. Sie übersetzen die Texte des französischen Popsängers Manu Chao ins Bretonische. Dafür trifft „La vit’sef“ Manu Chao demnächst in Paris. Vielleicht verhilft ihnen das zum großen Erfolg im Musikgeschäft. Wir wünschen der Band dabei viel Glück und hoffen, die Musik auch bald in Deutschland zu hören. (Melina Paetzold, Sina Kampfer, Sophia Lange, Leon Scheuber, Benjamin Toinen)

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TANZEN FÜR DIE SEELE

Es ist Samstagmorgen, wir sind beim traditionellen bretonischen Tanz- und Musizierkurs. Eine junge Frau versucht, uns Jugendlichen und einigen Erwachsenen den Rhythmus der bretonischen Musik beizubringen. Wir stehen zusammen, halten uns an den Händen und vollführen die ersten Tanzschritte – begleitet von Akkordeons und Postons, einer Mischung aus der bretonischen Bombarde und Oboe. Man sieht den Musikanten die Begeisterung beim Spielen der Instrumente an. Der Raum füllt sich mit Klängen, die traditioneller irischer Musik ähneln. Noch Tage danach gehen uns die Melodien nicht mehr aus dem Kopf. Wer einmal den Dreh raus hat, will mit dem Tanzen gar nicht mehr aufhören. Diese Reihen- und Rundtänze werden noch heute auf bretonischen Tanzfesten getanzt. Mit einer Art Dudelsack, keltischen Harfen und Holzquerflöten, Drehleier und Gitarre bringen sie die Luft in Nord-West-Frankreich zum Schwingen. Auch die traditionellen Lieder, Balladen und typisch bretonischen Wechselgesänge dürfen nicht fehlen. Diese Mischung aus Tanz, Musik und Gesang lässt die Menschen näher zusammenrücken. (Baptiste Olliviers, Tangui Cardin, Manuel Chevalier, Julia Hense und Nadine Sommerfeld)

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QUOTE AUF FRANZÖSISCH

Französische Schüler hören gleichermaßen englische und französische Musik. In den französischen Radiosendern gibt es eine Quote, um die französische Sprache und damit auch Kultur zu erhalten. Das sollte in Deutschland auch durchgesetzt werden, um die völlige Amerikanisierung zu verhindern. Doch wegen der Geschichte unseres Landes trauen sich viele Deutsche nicht, zu ihrem Nationalbewusstsein zu stehen. In Frankreich ist es normal, dass man für sein Heimatland schwärmt. In den bretonischen Liedern, ob modern oder alt, ist die Bretagne ein Hauptthema. Es wird über die wild-schöne bretonische Landschaft gesungen, über das Meer, über die soziale Lage einzelner Bevölkerungsgruppen und über Liebe. Im französischen Nationalgefühl gibt es noch ein eigenes bretonisches. Erst dadurch wird die Bretagne zu einem Ort, wo es viel zu entdecken gibt. (Federico Poldner, Thekla Hass, Laurent Lebailly)

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KLASSIK TRIFFT REGGAE

Bei unserem Austausch haben wir festgestellt, wie unterschiedlich die Prinzipien sein können, nach denen Musik an den Schulen angeboten wird. An unserem Albert-Einstein-Gymnasium gibt es zahlreiche Chöre, zwei Orchester und eine Big Band. Wir verzaubern das Publikum jedes Jahr beim Weihnachtskonzert mit klassischer Musik und Jazz. Das Orchester besteht aus 26 Mitgliedern, die Geige, Klarinette und andere Instrumente spielen. Es probt jeden Samstag. Um die Schule auch bei Auftritten außerhalb der Schule zu repräsentieren, nehmen die Orchestermitglieder viele zusätzliche Proben in Kauf. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Musikprogramms ist die jährliche Musikfahrt. Hier haben die Schüler die Möglichkeit, jeden Tag intensiv zu proben und den Zusammenhalt der Gruppe zu stärken. Der Chor wird ganz besonders gefördert, denn er findet frühmorgens, noch vor dem Unterricht statt, sodass jeder die Chance hat, daran teilzunehmen.

An unserem französischen Partnergymnasium besteht das Musikprogramm hauptsächlich aus Tanzclubs, die Hip Hop und orientalische Tänze aufführen und aus Bands, die Reggae und Ska spielen. Außerdem kann man sich als Rapper versuchen. Das Programm organisieren die Schüler, während in Berlin die Lehrer die Sache in die Hand nehmen. Nur sehr wenige Schüler in Frankreich spielen klassische Instrumente. Es wird das gespielt, was man auch in der Freizeit hört und tanzt. Einige französische Schüler machen auch innerhalb der Familie sehr viel Musik. Benjamin zum Beispiel, der mit seinen Brüdern eine Reggae-Band gegründet hat. In Frankreich zählt in erster Linie der Spaß, in Deutschland eben doch mehr das Können. (Kathrin Neuleuf, Rebekka Janke, Maira Vetel, Elodie Chestalain) Foto: privat

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