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Rot und lebendig. Als Teenager war Constanze ein Trotzkopf und zoffte sich mit ihrer Mutter wegen Kleinigkeiten. Heute passt zwischen die beiden kein Blatt.

© privat

Kolumne: Was machen wir JETZT?: Kind sein

Bist du ein Mama-Kind? Das fragte letzten Mittwoch Björn Stephan. Unsere Kolumnistin antwortet ihm heute.

Mit 16 dachte ich, ich muss die Welt verändern. Genau so, wie sie meine Eltern nicht wollen. Kennt wahrscheinlich jeder. Tube auf, Haare nass, Farbe drauf. Und dann am liebsten mit feuerrotem Schopf zu Metallica und Co in den Bandbus springen und losdüsen. Was kostete die Welt? 89 Euro. Zumindest das Ticket für mein erstes Festival. Schnell noch von Mama die Erziehungsberechtigung für meinen damals 19-jährigen „Aufsichtsperson“-Freund unterschreiben lassen und ab ging die wilde Fahrt im Golf 2, Grill auf dem Rücksitz, Fake-Piercing in der Lippe. Wie Mama sich fühlte war mir, zumindest nach außen hin, egal. Sorgen? Ängste? Die soll sich mal nicht so anstellen! Der harte Macker musste ich sein, gefordert habe ich viel von ihr, zurückgeben wollte ich damals wenig. Ich taumelte. Hin und her gerissen zwischen Rock’n’Roll, erster Beziehung und Mama-Liebe. Müll rausbringen. Spülmaschine ausräumen. Zimmer putzen. Talk to my hand! Und immer, wenn der pubertäre Kotzbrocken durchkam, tat es mir insgeheim leid. Wenn ich heute auf der Straße Kinder sehe, die ihre Mutter anpöbeln, will ich hingehen, ihnen ihr Eis wegnehmen und fragen, ob sie eigentlich noch alle Tassen im Schrank haben. Wo wären sie schließlich ohne Mama?

Mama, wie geht Salatdressing? Oh, ich hab den Weichspüler ins falsche Fach gefüllt, was nun? Liest du meine Hausarbeit gegen? Für mich ist Mama nicht nur Englischlexikon, Kochbuch oder Haushaltsratgeber. Für mich ist sie der schönste Mensch der Welt, von innen wie von außen. Schmalzig und so – aber zum Glück sind die Mackerzeiten ja vorbei.

Wenn Mama weint, weine ich. Hat Mama Kopfschmerzen, rufe ich den Notarzt. Ist Mama traurig, möchte ich den vermöbeln, der daran schuld ist. Mit sechs, zwölf, 18, völlig egal. Als vor ein paar Tagen bei mir eingebrochen wurde, heulte ich an fremden Schultern: „Meine Mama soll kommen! Sofort!“. Und das mit 23. Am anderen Ende Deutschlands. Wir hatten es schwer. Wir haben gelacht und geweint. Uns gestritten und zwar oft! Unsere Vorstellungen von Ordnung kommen immer noch schwer überein. Mit 18 dann Sachen gepackt und raus in die Welt. Vielleicht brauchten wir das. Sie ist immer da und ich schneide ihr als Dank gerne öfter mal ein Stück von meinem Gelassenheitskuchen ab. Ich bin ihr dankbar, für alles, was sie mir gibt und für den Menschen, den sie aus mir gemacht hat. Ich hab Dich lieb, Mama!

Björn, warum trägst du keinen Bart?
Nächste Woche antwortet an dieser Stelle Björn Stephan.

Constanze Bilogan

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