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Panorama: Zug um Zug

Das befürchtete Chaos bei der Bahn blieb am Sonntag aus – Eindrücke vom Berliner Hauptbahnhof

Ein Paar kommt am Sonntag kurz vor 15 Uhr mit einem Ausdruck in der Hand vom Service-Point im Berliner Hauptbahnhof. Die beiden wollen mit dem ICE nach Nürnberg, das auf der Linie Berlin - München also einer der vier Strecken liegt, die von den Zugausfällen betroffenen sind. Danach wollen sie weiter nach Regensburg. Eigentlich hatte das Paar geplant, den Zug um 17.53 Uhr zu nehmen. Da dieser ausfällt, nehmen sie den Zug, der zwei Stunden früher fährt. Zwar kein ICE, aber immerhin ein Intercity als Ersatzzug. „Wir sind extra drei Stunden früher hergekommen, das war unser Glück“, sagt die Frau. Sie hatte aus den Nachrichten im Fernsehen erfahren, dass man früher zum Bahnhof kommen sollte, wenn man eine der betroffenen Routen bereisen wolle.

Die Bahn hatte den Fahrgästen empfohlen, am Sonntag auf frühere Fernverbindungen auszuweichen und Verbindungen am Nachmittag und frühen Abend zu vermeiden. Betroffen sind die Strecken Hamburg-Berlin-München, Wiesbaden-Dresden, Stuttgart-Zürich sowie Dortmund-Wien. Vor allem auf der Strecke Berlin, Leipzig und München, wo es zu Verspätungen von bis zu 30 Minuten kam, wurden nach Angaben der Bahn am Sonntag weitere Ersatzzüge auf die Strecke geschickt, um den Andrang beim Wochenend-Rückreiseverkehr abzufedern.

Ein Ehepaar aus Bremen, ist ebenfalls früher zum Berliner Hauptbahnhof gekommen, da es damit gerechnet hatte, dass der Zug nach Hamburg-Altona nicht fährt. „Wir sind schon ein bisschen verblüfft, dass unser Zug nach Hamburg jetzt doch ganz normal fährt“, sagt die Frau. Sie pendeln regelmäßig zwischen Bremen und Berlin und heute hätten sie mit mehr Chaos gerechnet. „Bei Kyrill sah das hier ganz anders aus“, sagt ihr Mann.

Ein Mann, der nach Nürnberg will, ist nicht so ruhig. Er wollte den Zug um 14.58 Uhr nehmen, der fiel allerdings aus. Er muss ebenfalls den Ersatzzug eine Stunde später nehmen. „Ich war am Wochenende auf einer Konferenz, da hatte ich keine Zeit, mich um das hier zu kümmern“, sagt er. Besonders ärgert ihn, das auf dem Bahnsteig nicht genau zu erfahren war, was mit seinem Zug passiert war. „Kein Hinweisschild, kein Bahnmitarbeiter, nichts.“ Es habe zwar eine Lautsprecherdurchsage gegeben, dass der Zug heute von einem anderen Gleis abfahre, auf diesem Gleis stand dann aber auf der Anzeigetafel, dass der in Berlin endet. Erst am Service-Schalter habe er brauchbare Informationen erhalten.

Insgesamt deutet auf dem Berliner Hauptbahnhof nichts auf Chaos hin. Es stehen zwar ständig Leute an den Service-Schaltern an, die Schlangen sind jedoch nicht übermäßig lang.

Die meisten Passagiere waren informiert und auf Wartezeiten vorbereiten. Dafür, dass die Bahn aus Sicherheitszwecken die Züge überprüft, haben die meisten von Verspätungen und Zugausfällen betroffenen Fahrgäste Verständnis. Manche Passagiere scheinen dennoch nicht die Zeit oder die Geduld gehabt zu haben, auf einen Zug zu warten, und sind auf einen Mietwagen ausgewichen. „Da kommen immer wieder Leute und sagen: ,Mein Zug ist ausgefallen, ich will jetzt hier ein Auto mieten“, erzählt eine Sixt-Mitarbeiterin in der Filiale im Berliner Hauptbahnhof. Zwar sei wegen der speziellen Tarife am Wochenende immer viel los, aber diesen Sonnabend und Sonntag sei deutlich mehr los als sonst.

Auf Gleis 8 herrscht dennoch ein bisschen Verwirrung. Der ICE nach Hamburg, der eigentlich auf Gleis 7 abfahren sollte, wurde auf Gleis 8 verlegt. Dort fährt auch mit deutlicher Verspätung ein ICE aus Hamburg ein, allerdings zeigt die Anzeigetafel an, dass die Passagiere nicht einsteigen sollen. Es steigen dennoch Leute in den Zug. „Was ist denn nun los hier, fährt der jetzt nach Hamburg oder nicht?“, fragt ein junger Mann. Mehrere Menschen rufen ihm zu, dass man einsteigen dürfe. Erst als ein Mann sagt, er habe am Service-Schalter gefragt, lässt sich der junge Mann überzeugen und steigt ebenfalls ein. Kurze Zeit später informieren auch Anzeigetafel und Lautsprecherdurchsage darüber, dass der Zug wirklich nach Hamburg-Altona fährt.

Ab Montag könnte es zu weiteren Problemen kommen, weil dann der Berufsverkehr beginnt und mit erheblich mehr Reisenden zu rechnen ist, als am Samstag und am Sonntag. Vermutlich werden sich viele Leute eine Alternative überlegt haben.

Florian Ernst

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