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© dpa

A400M: Fliegen und teilen

Nach dem geglückten Jungfernflug des Militärtransporters A400M geht der Streit um die Kosten in eine neue Runde.

Es waren nervöse Stunden und Minuten vor dem Höhepunkt. Nur wenn Wetter und Technik mitspielen, so hieß es, werde er wirklich um Punkt 10 Uhr abheben. Also weiter warten auf den A400M. Sevilla in der südspanischen Provinz Andalusien. Hier, in der wohl sonnigsten Ecke des Landes, wurde der Prototyp des Militärtransporters montiert, also sollte er auch hier erstmals starten. Vergangenen Freitag um kurz vor 10 Uhr war der Himmel klar bei 10 Grad Celsius. Optimale Voraussetzungen also. Und die Technik?

Vorfreude, aber auch Anspannung lag in den Gesichtern der Airbus-Arbeiter. „So einen Moment werden wir in unserer Berufslaufbahn nicht mehr erleben“, sagte einer. Dann endlich hob der Airbus ab. Zwar mit einer Verspätung von 15 Minuten, aber darauf kam es nach so vielen Jahren voller Pannen und Streitereien auch nicht mehr an. Die Zuschauer schrieen, viele umarmten und küssten sich. In diesem Moment ahnte man, wie wichtig dieser Tag für Airbus war.

Der Flugzeugbauer hatte weder Kosten noch Mühen gescheut, um dieses Ereignis zu inszenieren. Allein 60 Journalisten flog das Unternehmen aus ganz Europa ein. Rund 2500 geladene Gäste beobachteten die Show, mit der Airbus der Welt zeigen wollte, dass der A400M keine Totgeburt ist. Die Leidensgeschichte sollte ein Ende haben.

2003 hatte Airbus einen Vertrag mit sieben Nationen geschlossen. Der Flugzeughersteller beging dabei einen schweren Fehler: Er versprach, 180 Flugzeuge zum Festpreis von 20 Milliarden Euro zu liefern. Festpreise sind in der Rüstungsindustrie eher ungewöhnlich, da die tatsächlichen Produktions- und Entwicklungskosten schwer kalkulierbar sind. „Wir waren dumm genug, diesen Vertrag zu unterzeichnen“, gab Airbus-Chef Tom Enders bereits im Januar zu. Die Kosten von 20 Milliarden Euro wurden mittlerweile um 37 Prozent überschritten, haben die Wirtschaftsprüfer Price Waterhouse Coopers vorgerechnet. Airbus hinkt zudem dem Zeitplan um drei Jahre hinterher. Probleme gab es vor allem mit den Triebwerken, dem Gewicht und dem Rumpf der Maschine.

Die Vertragspartner streiten seit rund zwei Jahren offen, wer die Mehrkosten übernehmen soll. Abzüglich der bisherigen Rückstellungen der Airbus-Mutter EADS bleibt eine offene Rechnung von rund fünf Milliarden Euro. Airbus will, dass sich die Abnehmerstaaten Deutschland, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Luxemburg und die Türkei beteiligen. Anders als beispielsweise Frankreich zeigt Deutschland sich aber wenig bereit, den Forderungen von Airbus entgegenzukommen. Ein sichtlich schlecht gelaunter Staatssekretär Rüdiger Wolf (CDU) sagte am Rande des Jungfernflugs: „Wir sind zunächst einmal zu gar nichts bereit.“ Allerdings kommt mit dem Jungfernflug wieder Bewegung in die Gespräche. Kommende Woche wollen die Verteidigungsminister ein gemeinsames Papier an die EADS verschicken. Ein Kompromissangebot? Zuletzt hatten sie sich und Airbus offiziell eine Frist bis zum Jahresende gesetzt, um hier eine Einigung zu erzielen.

Deutschland ist beim Finanzierungsstreit in einer zwiespältigen Position. Einerseits pocht das Verteidigungsministerium auf die Erfüllung des Vertrages. Andererseits hängt auch für Berlin viel vom Erfolg des Militärtransporters ab. An das Projekt sind 11 000 Arbeitsplätze in Deutschland gebunden, europaweit sind es sogar 40 000. Zudem sollen 60 Exemplare des A400M endlich die veralteten Transall-Transportmaschinen der Bundeswehr ablösen.

Wenn der A400M leistet, was versprochen war, wird er gebraucht. Das 18 Meter lange Flugzeug kann angeblich bis zu 8700 Kilometer weit fliegen und 37 Tonnen Last tragen. Zudem begnügt es sich mit einer besonders kurzen Landebahn, die darf auch aus Sand oder Schotter sein. Damit eignet sich der Transporter für den Einsatz in Ländern wie Afghanistan. Die Bundeswehr will die Maschine auch in Katastrophengebieten einsetzen. Weil er langsam und tief fliegen kann, lassen sich Versorgungspakete aus der Luft abwerfen.

Am Freitag um genau 14.02 Uhr war klar: Der A400M kann nicht nur abheben, sondern auch landen. Der Flug dauerte ein wenig länger als geplant, weil die Crew noch zusätzliche Tests absolvierte. „Ein fantastischer Flug“, freute sich der britische Testpilot Edward Strongman beim Verlassen der Maschine. Auch EADS-Chef Louis Gallois zeigte sich gut gelaunt. „Es ist sehr bewegend“, sagte er. Unterstützung erhielten die AirbusLeute vom spanischen König Juan Carlos, der pünktlich zur Landung kam. Vielleicht hatte er keine Zeit, auch dem Start der Maschine beizuwohnen. Vielleicht, sagten Spötter, wollte er aber auch nicht Zeuge einer weiteren möglichen Panne des Fliegers werden.

Mehmet Ata[Sevilla]

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