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Wirtschaft: Abrüstung soll Westgeld locken

MOSKAU (win/dub).Der russische Ministerpräsident Jewgeni Primakow hat am Dienstag in einer Sitzung des oppositionellen Parlaments für seinen Antikrisenplan und die atomare Abrüstung geworben.

MOSKAU (win/dub).Der russische Ministerpräsident Jewgeni Primakow hat am Dienstag in einer Sitzung des oppositionellen Parlaments für seinen Antikrisenplan und die atomare Abrüstung geworben.Der Regierungschef sprach sich zudem gegen ein Verbot der Kommunistischen Partei wegen Antisemitismus aus.Eine Veröffentlichung des seit Wochen angekündigten Pakets zur Überwindung der Wirtschaftskrise verzögert sich dagegen weiter.Abgeordnete sagten, die Regierung habe keine neuen Vorschläge unterbreitet.

Die Wirtschafts- und Finanzpolitik in Moskau bemüht sich damit noch immer um einen erfolgversprechenden Kurs.Ob und inwieweit der Westen bereit ist, mit neuen Geldinfusionen zu helfen, sei nach wie vor offen, sagte der kommunistische Vizepremier Jurij Masljukow während des Hearings der Duma.Experten veranschlagen den akuten Devisenbedarf der russischen Regierung auf etwa vier Mrd.Dollar.Das entspricht in etwa der zweiten Tranche eines 22-Mrd.-Dollar-Stabilisierungskredites, den der Internationale Währungsfonds Moskau bislang mangels überzeugenden Krisenmanagements verweigert.

Schlüssige Programme kann die Regierung von Jewgenij Primakow nach über fünfzig Tagen Amtszeit jedoch noch immer nicht vorlegen.Ebenso fehlen Details des längst überfälligen Haushalts 1999.Bekannt ist lediglich, daß das Kabinett an drei Varianten arbeitet - einer optimistischen, einer optimistisch-pessimistischen und einer pessimistischen.Letztere geht laut Wirtschaftszeitung "Kommersant" von einem Haushaltsdefizit von über 110 Mrd.Rubel aus und soll dann greifen, wenn der Westen neue Darlehen verweigert.

Die Mitte August entlassene Regierung von Sergej Kirijenko habe durch Schuldenmoratorium und Bankencrash dafür gesorgt, daß das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft in Rußland zutiefst erschüttert sei, sagte Masljukow.Jetzt seien positive Signale gefragt, weshalb die Duma umgehend den Start-2-Vertrag zur Reduzierung strategischer Offensivwaffen unterzeichnen müsse.Bislang scheiterte das Vorhaben an einer Mehrheit aus Kommunisten und Nationalisten.Dreht der Westen den Geldhahn zu, sind der Druck auf den Startknopf der Notenpresse und damit Hyperinflation nicht länger zu vermeiden.Schon der Nothaushalt für das letzte Quartal des laufenden Jahres weist ein Defizit von 65 Mrd.Rubel auf; 25 Mrd.davon sollen durch Neuemission gedeckt werden.Zwangsläufig dürfte die Duma dann dem Kabinett das Vertrauen entziehen.

Laut Masljukow kann der Ausfall von Westkrediten nur durch Abrüstung ausgeglichen werden.So könne man auch Geld für die Entwicklung des neuen Raketensystems "Topol-M" auftreiben.

Einige Abgeordnete glaubten, darin eine Bestätigung ihres Verdachts zu finden, wonach die USA weitere IWF-Kredite an Rußland von militärischen Zugeständnissen abhängig machen.Der radikale Kommunist Albert Makaschow, der vor wenigen Tagen durch seine antisemitischen Äußerungen aufgefallen war, griff Masljukow heftig an.Insgesamt fand der Regierungsplan aber die Zustimmung des Parlaments.Der Duma-Chef Gennadi Selesnjow nannte ihn "überzeugend".Der Kommunistenchef Gennadi Sjuganow erklärte, seine Partei sei bereit, den Haushaltsplan der Regierung für 1999 zu unterstützen.Masljukow soll mehrere Entwürfe unterbreitet haben, von einer windelweichen bis zur "äußerst harten".

Die Beziehungen zwischen der Regierung und den Duma-Linken seien "noch gut", weil bisher keine Zahlen genannt worden seien, sagte der Fraktionschef der Partei "Unser Haus Rußland", Alexander Schochin.Nach Bekanntwerden neuer Steuersätze und der Angaben über die Geldemission würde es garantiert zu Spannungen kommen.Entsprechende Gesetzentwürfe sollen binnen zehn Tagen vorgelegt werden.Nach Schochins Meinung wird der Staatshaushalt im günstigsten Fall erst Mitte nächsten Jahres angenommen.Bis dahin werde die Regierung zwischen IWF-Forderungen einerseits und Erwartungen der Kommunisten andererseits manövrieren, meinte er.

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