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Wirtschaft: Aktien deutscher Unternehmen sind stark gestiegen - doch die Analysten sind trotzdem zögerlich

In den vergangenen Monaten hatten die Aktionäre nach langer Pause wieder Grund zur Freude: Die Aktien von deutschen Bauunternehmen legten ein regelrechtes Kursfeuerwerk hin, viele Titel verdoppelten sich fast. Nach vier Jahren hat die Baukonjunktur in Westeuropa ihre Talfahrt beendet und befindet sich wieder im Aufwärtstrend.

In den vergangenen Monaten hatten die Aktionäre nach langer Pause wieder Grund zur Freude: Die Aktien von deutschen Bauunternehmen legten ein regelrechtes Kursfeuerwerk hin, viele Titel verdoppelten sich fast. Nach vier Jahren hat die Baukonjunktur in Westeuropa ihre Talfahrt beendet und befindet sich wieder im Aufwärtstrend. Auslöser für diese Entwicklung war vor allem das Ende des Kosovokrieges. Mit dem Wiederaufbau im Balkan hoffen die deutschen Baukonzerne auf neue Aufträge. Allerdings hinkt Deutschland bei den Bauinvestitionen deutlich hinter Frankreich, Spanien und Belgien her. Nach wie vor gibt es nämlich erhebliche Überkapazitäten am Baumarkt, und der Wettbewerb wird weiterhin über den Preis ausgetragen. Folglich schrumpfen die Margen vorerst noch weiter.

Vor diesem Hintergrund richteten sich viele Baukonzerne neu aus und suchen andere Geschäftsbereiche, um dort ihr Geld zu verdienen. So bieten sie an Stelle des eigentlichen Bauens verstärkt baunahe Dienstleistungen wie beispielsweise Facility Management und Finanzierungsprojekte an. Auch steigen einige Bauunternehmen in das Airportmanagement ein. Zudem erbringen viele Firmen verstärkt Bauleistungen im Ausland, da dort die Margen vor allem bei Großprojekten wesentlich höher liegen als in Deutschland.

Die skizzierte Neuausrichtung wirkt sich aber auf die Unternehmensergebnisse erst langsam positiv aus. Deshalb stimmen die deutschen Bautitel die Analysten nur verhalten euphorisch. Als einziger deutscher Bauwert steht der Essener Baukonzern Hochtief auf der Empfehlungsliste von Analysten - trotz der Vergabeaffäre um den Berliner Großflughafen und der dadurch teilweise starken Kursverluste. Nach Einschätzung von Karin Brinkmann, Analystin für Bauaktien der Hypo-Vereinsbank, schließt Hochtief mit dem Kauf von Turner eine wichtige Lücke in Nordamerika. Ein weiteres Plus sieht Brinkmann im Flughafenmanagement. Hochtief baut gemeinsam mit einem Konsortium die Flughäfen in Athen und Düsseldorf. In diesem Bereich sei ein positives Ergebnis in etwa zwei bis drei Jahren zu erwarten. Des Weiteren lobt die Analystin das Auslandsgeschäft bei Hochtief, das bereits ein starkes Gewicht hat. Brinkmann gefällt vor allem die breite Streuung der Beteiligungsunternehmen. Dadurch gäbe es bei Hochtief keine Konzentration in einer Region. Das Essener Unternehmen wäre deshalb von der Asienkrise weniger stark getroffen worden als andere Konzerne. Zudem halte Hochtief bei Beteiligungsunternehmen stets weniger als die Hälfte des Kapitals. Diese Unternehmen blieben so unabhängig und seien hoch motiviert, im regional geprägten Baugeschäft erfolgreich zu agieren.

Für Achim Henke von Warburg Dillon Read ist die Aktie von Philipp Holzmann wegen der Neuausrichtung langfristig interessant. Dem Bauriesen sei der Turn-around endlich gelungen. Zudem habe das Unternehmen eine Zukunftsvision. Allerdings müsse der Zeithorizont beachtet werden, denn die Umstrukturierungsmaßnahmen könnten nicht von einem Tag auf den anderen realisiert werden.

Bei Bilfinger + Berger gehen die Analystenmeinungen stark auseinander. Die Bauexperten bei der BHF Bank glauben, dass das Wiesbadener Unternehmen im nächsten Jahr sein operatives Ergebnis wieder deutlich verbessern wird. Das Investmenthaus Warburg Dillon Read schließt sich dieser Meinung an. Es begründet seine Einschätzung damit, dass Bilfinger + Berger immer mehr baunahe Dienstleistungen anbietet. Dagegen bleibt die Münchener Hypo-Vereinsbank in abwartender Position. Bilfinger + Berger seien bisher sehr stark im asiatischen Raum vertreten, argumentiert die Analystin Karin Brinkmann. Nun müsse sich Asien von der Krise erholen und die Kunden auch, damit sie zahlen könnten.

Aus ihrer Rankingliste gestrichen haben viele Analysten die Aktie von Strabag. Das Unternehmen strukturiere zwar sein Geschäft um, aber da das Hauptgeschäft der Strabag im Inland liege, sei auch in der Zukunft nicht mit Gewinnen zu rechnen. Daher raten sie von einem Kauf eher ab.

Ausländische Analysten urteilen härter über die deutschen Bauwerte: So empfehlen die Bauexperten von der Crédit Lyonnaise Securities keine einzige deutsche Bauaktie zum Kauf. Die Aktien seien teilweise um das Vielfache überzeichnet, sagt Bauexperte Hans-Peter Wodniok. Dagegen schreibt das französische Investmenthaus eine Reihe von französischen Bauunternehmen auf seine Empfehlungsliste. Es reagiert damit auf die Investitionen in den Wohnungsneubau und Industrieanlagen in Frankreich - und empfiehlt den Kauf französischer Titel.

Michaela Nehren-Essing

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