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Wirtschaft: Aktien im Niemandsland

Nach dem Deutschen Aktienindex nimmt auch der Dow-Jones Kurs auf ein Sechs-Jahres-Tief

Düsseldorf (som/HB). „Fundamentalisten“ haben längst kapituliert: Analysen darüber, wie viel Firmen künftig verdienen und wie Aktienkurse reagieren, sind in der Praxis kaum das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind. Schuld daran sind weniger die Analysen, sondern die ungebremste Talfahrt an den Börsen. Die größte Baisse seit den 30er Jahren hat ihre eigenen Gesetze und richtet sich nicht nach Quartalszahlen der Unternehmen. Der Abschwung nährt sich selbst, und der drohende Krieg wirkt dabei wie ein zusätzlicher Hebel auf dem Weg nach unten.

Seitdem der Deutsche Aktienindex (Dax) auf den tiefsten Stand seit Ende 1996 gerutscht ist, geraten auch die Charttechniker, die ihre Erkenntnisse allein aus den Kursbewegungen der Vergangenheit gewinnen, in Erklärungsnot. Denn wichtige Unterstützungen, die sich in der monatelangen Seitwärtsbewegung gebildet und zunehmend an Stabilität gewonnen hatten, gelten nun nicht mehr. „Mit den Verlusten vom Freitag hat sich das technische Bild in den einzelnen Kursentwicklungen deutlich verschlechtert“, sagt Uwe Wagner von der Deutschen Bank. „Im Dax gibt es keine Kursziele mehr“, konstatiert Klaus Deppermann von der BHF ING-Bank. Am Montag rutschte der Dax zwischenzeitlich auf 2528 Punkte ab.

Nach dem Einbruch und der darauf folgenden Rallye im Oktober 2002 hatte der Dax bei Rückschlägen stets bei rund 2600 Punkten guten Halt gefunden. Jeder erfolgreiche Test war für Investoren ein Signal mehr, dass der Dax nach drei Jahren Baisse endlich einen Boden gefunden haben könnte. Diese Sichtweise wurde durch die Entwicklung in den übrigen Indizes untermauert. Bis auf wenige Ausnahmen (London) hielten die Tiefs vom Oktober. Im amerikanischen Dow-Jones-Index beträgt der Puffer zum Tief noch immer mehrere hundert Punkte. Allerdings: „In den USA sieht das charttechnische Bild sehr schlecht aus. Alles deutet auf einen Test der alten Tiefstände hin“, sagt Deppermann.

In Deutschland müssen schon jetzt die Karten neu gemischt werden. Dabei blicken die Charttechniker gebannt auf eine noch verbliebene Unterstützung: 2519,30 Zähler. So weit war der Dax am 9. Oktober 2002 im Tagesverlauf gefallen. Damals prägten hohe Umsätze und reichlich Panik das Bild an der Börse. Dass es am selben Tag noch zu einer Erholung um rund 100 Punkte gekommen war, werteten Analysten als positives Zeichen. Eine so kräftige Gegenbewegung bei gleichzeitig hohen Umsätzen hatte hohe Kaufbereitschaft signalisiert. Das Tagestief von 2519 Punkten steht jetzt im Visier der Experten. „Fällt auch diese Marke, ist aus unserer Sicht heraus der Markt nach unten hin frei, das heißt, es lassen sich keine weiteren sinnvollen Unterstützungen mehr herleiten“, sagt Wagner. Die Folge: Auf tieferem Niveau müssten sich erst wieder neue Unterstützungen ausbilden, „deren Lage aktuell noch nicht seriös abschätzbar sind“. Konkret heißt das: Fast alle Experten rechnen bei einem Bruch dieser allerletzten Unterstützung mit einem Ausverkauf am deutschen Aktienmarkt.

Der Hamburger Charttechniker Holger Struck – er hatte exakt nach dem Verlaufstief am 9. Oktober zum Einstieg gerufen – rechnet nach einem Unterschreiten der 2519-Punkte-Marke mit einem Verfall auf 2200 bis 2300 Zähler: „Wenig oberhalb der 2000er Marke gibt es massive Unterstützung“, sagt Struck. Diese resultiert aus den Tiefständen 1995/96.

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