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Wirtschaft: Aktienmärkte legen Verschnaufpause ein

Börsianer erwarten trotzdem eine weitere Aufwärtsbewegung / EZB lässt die Leitzinsen wieder unverändert

Berlin (dr/os). Seit rund acht Tagen geht es mit dem Deutschen Aktienindex (Dax) bergab – nicht in großen Schritten, aber kontinuierlich. Hatte das deutsche Börsenbarometer noch im Januar einen neuen Jahreshöchststand von 4175 Punkten erreicht, fiel es am Donnerstag gegenüber dem Vortag um 0,34 Prozent auf 4014,79 Punkten. Und die Anleger werden nervös. Schon machen wieder Gerüchte über deutliche Abwärtsbewegungen die Runde. Die optimistische Stimmung gerät ins Wanken. Doch die Börsenbeobachter sind gelassen. Weder die Untätigkeit der Europäischen Zentralbank, noch der schwache Dollar oder die Rekordefizite in den USA bereiten den Börsianern derzeit ernsthafte Sorgen. Die EZB hat am Donnerstag auf ihrer Ratssitzung entschlossen, die Leitzinsen erneut nicht zu senken.

Die Chartisten, die die technische Seite des Marktes beobachten, gehen davon aus, dass die so genannte Konsolidierungslinie, die bei etwa 3940 Punkten verläuft, hält. Große Abwärtsbewegungen sollten spätestens bei 3900 bis 3910 Punkten aufgefangen werden, versichern sie. Gianni Hirschmüller von Cognitrend sagt, dass die jüngsten Kursverluste keineswegs dramatisch zu nennen seien. Auch hätten die Marktteilnehmer bisher nicht versucht, sich von ihren Aktien um jeden Preis zu trennen. Bei etwa 3910 Punkten dürften vor allem Käufer auftauchen, die den Wiedereinstieg in den deutschen Aktienmarkt planen, sagt Hirschmüller.

Thomas Meier, Fondsmanager von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Genossenschaftsbanken, spricht von einer „vernünftigen Verschnaufpause“. Die gegenwärtige leichte Abwärtsbewegung der Kurse zeige, „dass bei den Anlegern noch eine gesunde Skepsis und keine blinde Bull-Market-Stimmung wie noch vor vier Jahren vorherrscht“. Der Kursrückgang könne sogar noch etwas anhalten, längerfristig sei aber mit einer weiteren Aufwärtsbewegung zu rechnen. Den fairen Wert des Dax sieht Meier zur Zeit bei etwa 4650 Punkten, der so der Manager, „wird aber sicher nicht kurzfristig erreicht“. Union favorisiert nachhaltige Industriewerte und Zulieferer, „die Zeit der Frühzykliker ist vorbei“, sagt Meier. Mit einer baldigen Zinserhöhung durch die EZB rechnet Union nicht. Meier verweist auf die jüngsten Aussagen von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, der von einer Korrektur des Dollarkurses gesprochen hat.

Ähnlich argumentiert Tim Albrecht, Fondsmanager bei der Deutsche-Bank-Tochter DWS. Konsens sei, dass der erwartete weltweite wirtschaftliche Aufschwung die Dollarschwäche kompensieren könne. „Das Euro-Dollarkursniveau hat für die deutschen Unternehmen noch keinen prohibitiven Charakter“, sagt Albrecht. Für das gesamte Jahr sei trotz der gegenwärtigen Konsolidierungsphase noch mit einer recht guten Rendite für Aktienanlagen zu rechnen. „Allerdings nicht so hoch wie im vergangenen Jahr.“

Auch Wolfgang Leoni, Chief Investment Officer der Deka Investment, der Investmentgesellschaft der Sparkassen, erklärt: „Der konjunkturelle Aufwärtstrend ist nach wie vor intakt. Es herrschen geradezu ideale Rahmenbedingung für weiter steigende Kurse.“ Leoni setzt die Ziele für den Euro Stoxx 50 beziehungsweise den Dax bei 3000 Punkten beziehungsweise 4500 Punkten zum Jahresende an, was einem knapp zweiprozentigen Anstieg entsprechen würde. Bei Dow Jones sollten die Anleger allerdings bis zum Jahresende nur noch mit einer Steigerung auf etwa 10700 Punkte rechnen.

Frank Geilfuss, zuständig für die Vermögensberatung beim Privatbankhaus Löbbecke, ist der Aufwärtstrend ebenfalls nicht dauerhaft unterbrochen. „Wir sind in einer Phase in der geerntet wird, da überwiegen die Gewinnmitnahmen“, sagt Geilfuss. Sicherlich seien manche Titel in der jüngsten Vergangenheit überkauft gewesen, aber auch die derzeitige Konsolidierungsphase werde nicht zu dramatischen Kursrückschlägen führen. Zudem verweist Geilfuss darauf, dass viele Anleger noch garnicht wieder in Aktien eingestiegen seien. „Die freuen sich jetzt, wenn die Einstiegspreise etwas günstiger werden.“

Weniger zuversichtlich fällt die Einschätzung der Analysten der Helaba aus. Die Entwicklung beispielsweise am Mittwoch an den US-Börsen zeige, dass die gute Geschäftsentwicklung der vergangenen Monate bereits eingepreist sei und der Markt jetzt neue Impulse suche. Selbst verhalten positive Prognosen wie etwa die am Mittwoch veröffentlichten positiven Konjunkturzahlen würden mit Enttäuschung aufgenommen. „Daher sollte sich jeder die Frage stellen, was erst passiert, wenn ein großes Unternehmen kein weiteres Wachstum prognostizieren kann und welche Auswirkungen dies auf den Gesamtmarkt hätte.“

Die Chartisten aber machen in Optimismus. Wenn der Dax die Marke von 4100 Punkten per Schlusskurs überwindet, erwarten sie neue Höchststände.

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