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Wirtschaft: Alleinerziehende zahlen keine Miete

Zehn Projekte mit dem „Preis soziale Stadt“ ausgezeichnet – zwei aus Berlin.

Von Fatina Keilani

Berlin - Auf Deutschlands Städte kommen große Probleme zu – Alte, Arme, sozial Schwache werden immer weiter an den Rand gedrängt. Doch soziale Unruhen wie in Frankreich und England blieben uns bisher erspart. Damit das so bleibt, versucht eine Reihe von Projekten den Zusammenhalt in benachteiligten Gebieten zu stärken. Zehn herausragende Beispiele solchen Engagements wurden am Donnerstag mit dem „Preis soziale Stadt 2012“ ausgezeichnet. Die Auslober des Preises, zusammengeschlossen im „Bündnis für eine soziale Stadt“, kritisierten bei der Gelegenheit erneut Mittelkürzungen und forderten mehr Geld, mindestens aber die Rückkehr zu den 95 Millionen Euro, die das Programm „Soziale Stadt“ im Jahr 2010 zur Verfügung hatte. In diesem Jahr sind 40 Millionen Euro für das Programm im Bundeshaushalt eingeplant, 375 Gemeinden nehmen teil. 171 Beiträge aus ganz Deutschland waren für den Wettbewerb eingereicht worden.

Im „Bündnis für eine soziale Stadt“ sind der Deutsche Mieterbund, der Deutsche Städtetag, der Bundesverband Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, die Arbeiterwohlfahrt, die Schader-Stiftung und der Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung zusammengeschlossen.

Auch in der Wohnungswirtschaft weiß man, welche Belastungen auf die Städte zukommen. „An den Städten zerren erhebliche zentrifugale Kräfte“, sagte Frank Bielka, Vorstand der größten Berliner Wohnungsbaugesellschaft Degewo. „Das wird bisher unterschätzt.“ Die Degewo gehört zu den Preisträgern des Wettbewerbs. Ihr Projekt „Jule“ hilft jungen Alleinerziehenden dabei, wirtschaftlich unabhängig zu werden.

„44 Prozent der Kinder in Marzahn wachsen bei Alleinerziehenden auf“, sagte Bielka. „Die Eltern haben keine Ausbildung, kein Einkommen und sind dauerhaft von Transfers abhängig. Diese Entwicklung finde ich entsetzlich.“ 15 ihrer 18 000 Marzahner Wohnungen stellt die Degewo Alleinerziehenden kostenlos zur Verfügung, wenn die sich verpflichten, eine Ausbildung zu machen oder den Schulabschluss nachzuholen. Drei Plätze sind noch frei. Ebenfalls prämiert wurde die „Wohntheke Hellersdorf“, in der acht konkurrierende Wohnungsunternehmen zusammenarbeiten, um das Quartier attraktiver zu machen.

Bei allen Projekten geht es darum, die Menschen im jeweiligen Viertel zu beteiligen und auch jene einzubinden, die leicht untergehen – seien es Obdachlose, Alte oder Migranten. Neben der Gentrifizierung führe auch der klimagerechte Umbau der Städte im Zuge der Energiewende zu Belastungen, die sozialverträglich gestaltet werden müssten, warnte das Bündnis. „Nachhaltige Erfolge erreicht man nur, wenn die Bürger das jeweilige Projekt auch als ihres betrachten“, sagte Oda Scheibelhuber, Abteilungsleiterin im Bundesbauministerium. Die undotierte Auszeichnung mache gute Beispiele bekannt, damit sie um sich griffen. „Eine Banlieue wie zum Beispiel in Frankreich haben wir nicht“, sagte Lukas Siebenkotten vom Mieterbund. Das sei auch ein Erfolg der sozialen Projekte. Fatina Keilani

Alle Preisträger im Internet: web.gdw.de

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