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Wirtschaft: Als die Griechen den Deutschen halfen

1953 wurde Deutschland entschuldet. 60 Gläubigerstaaten machten mit.

Berlin - Viele Deutsche fühlen sich von Griechenland geschröpft. Dabei ging es Deutschland finanziell vor knapp 60 Jahren selbst so schlecht, dass es international entschuldet werden musste. Am 27. Februar 1953 unterzeichneten zahlreiche Länder das Londoner Schuldenabkommen, darunter auch Griechenland.

„Damals hat man uns geholfen, das muss man den Menschen schon mal ins Gedächtnis rufen“, findet Historikerin Ursula Rombeck-Jaschinski von der Universität Düsseldorf. „Als Staat kann man immer mal in Situationen kommen, in denen man auf die Hilfe anderer Staaten angewiesen ist.“ Das Abkommen über die deutschen Auslandsschulden wurde zwischen Deutschland, den USA, Großbritannien und Frankreich geschlossen. Weitere rund 60 Gläubigerstaaten hatten Vertreter geschickt, darunter Griechenland.

Das Deutsche Reich hatte mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 sämtliche Zahlungen an englische und französische Gläubiger eingestellt. Seit der Kriegserklärung an die USA 1941 war auch auf amerikanische Konten kein Geld mehr geflossen. Nach dem Krieg wollte die Staatengemeinschaft die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und den Gläubigerstaaten wiederherstellen. Dabei ging es vor allem auch um die Kreditwürdigkeit der Bundesrepublik. Mithilfe des Londoner Abkommens sollten Deutschlands Schulden beseitigt werden. Verhandelt wurde über 13,5 Milliarden D-Mark, davon erließ die Staatengemeinschaft 6,2 Milliarden.

„Auch die Hälfte der Schulden war schon an der Schmerzgrenze“, erläutert Werner Abelshauser, Professor für Wirtschaftsgeschichte in Bielefeld. Doch dann kam das Wirtschaftswunder, Deutschland florierte. „Weil die Deutschen wider Erwarten reich geworden waren, konnten sie vorzeitig ihre Schulden zurückbezahlen.“ Dank des Abkommens sei die Bundesrepublik wieder voll kreditfähig gewesen. Die Hauptkonferenz begann Anfang 1952. Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) hatte den Finanzfachmann Hermann Josef Abs zum Delegationsleiter ernannt, der später Chef der Deutschen Bank wurde.

Ein direkter Vergleich mit Griechenlands heutiger Lage ist nach Ansicht des Historikers Ekkehard Kraft zwar schwierig, weil der Kontext anders ist. Trotzdem glaubt der Griechenland-Experte: „Wenn das Londoner Abkommen bekannter wäre, würden die Deutschen in Bezug auf Griechenland vielleicht etwas weniger überheblich sein – sie wüssten dann, dass es auch hier schon einmal ähnlich war.“

Das Londoner Abkommen war umstritten und die Stimmung vor Abschluss der Verhandlungen pessimistisch, wie eine Bemerkung des damaligen Finanzministers Fritz Schäffer (CSU) an den Delegationsleiter zeigt: „Herr Abs, wenn Sie es schlecht machen, werden Sie an einem Birnbaum aufgehängt, wenn Sie es gut machen, an einem Apfelbaum.“ dpa

Christine Cornelius

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