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Wirtschaft: Am Boden

Nach der Krise bei Airbus ist der Zweikampf mit Boeing entschieden – vorerst

So schnell wendet sich das Blatt. Noch vor wenigen Monaten steckte der europäische Flugzeughersteller Airbus in einem atemberaubenden Steigflug – der jahrelange Zweikampf um die Vorherrschaft bei den Passagierflugzeugen gegen Boeing schien entschieden. Und die technisch aufwändige Konstruktion des Großraumflugzeugs A 380 sorgte weltweit für Aufsehen. Doch der Steigflug ist in einen Sturzflug übergegangen. Die Probleme mit der Modellpalette bei Airbus sind so groß, dass auf absehbare Zeit Boeing wieder die Poleposition auf dem Jetmarkt einnehmen wird.

Die Probleme bei Airbus sind größtenteils hausgemacht. Der A 380, dessen Entwicklung rund zwölf Milliarden Euro kostete, ist wirtschaftlich noch weit vom Erfolg entfernt. Erst 159 Bestellungen liegen vor, und in diesem Jahr konnte noch kein einziger Auftrag verbucht werden. Frühestens mit der 250. Maschine lässt sich Geld verdienen. Hinzu kommt die Fertigung, die sich als immer teurer erweist. Passagierflugzeuge werden nicht wie Autos am Fließband gebaut. Jede Fluggesellschaft kann Sonderwünsche bei der Ausstattung geltend machen – so dass Gewicht, Verkabelung und Elektronik stets neu berechnet werden müssen. Das kostet Zeit und Geld. Schon einmal musste Airbus Kratzer am High-Tech- Image des A 380 hinnehmen – als die Flügel in einem Belastungstest früher brachen als gedacht.

Die jüngsten Pannen haben das Vertrauen der Airlines in das Unternehmen drastisch geschmälert. So bestellte Singapore Airlines statt des Mittelklasse-Modells A 350 kurzerhand das Konkurrenzprodukt Boeing 787 – aus Sorge, die Probleme beim A380 könnten so viel Personal binden, dass für die Überarbeitung des A 350 niemand mehr zur Verfügung steht. Und neben dem Imageverlust muss Airbus noch mit beträchtlichen Schadenersatzforderungen der A 380- Kunden rechnen.

Branchenkenner wie der US-Analyst Scott Hamilton von der Leeham Company sehen bei Airbus auffällige Parallelen zum Wettbewerber Boeing. Dessen Management sei angesichts der jahrzehntelangen Marktführerschaft in den 90er Jahren selbstgefällig und arrogant geworden. Daraufhin hatten die Amerikaner die Weltmarktführung prompt an die multinationalen europäischen Flugzeugbauer abgeben müssen. Doch dem neuen Boeing-Chef James McNerney gelang es, das Ruder herumzuwerfen. Lange hatten die Amerikaner den Europäern nur altbackene Modelle entgegenzuhalten. Der Markt für Megajets wurde kampflos der Konkurrenz überlassen, die Modernisierung des betagten Jumbo-Jets 747 immer wieder verschoben. Auch der Befreiungsschlag mit dem futuristischen, fast schallschnellen Sonic Cruiser missglückte. Der Hoffnungsträger wurde wegen der hohen Betriebskosten zum Flop.

So nahm man es bei Airbus auch nicht weiter ernst, als die Amerikaner mit der Boeing 787 ein neues Modell starteten, das die Branche zu revolutionieren verspricht. Der „Dreamliner“ wird fast komplett aus leichten Kunststoffen gebaut und soll 20 Prozent weniger Kerosin verbrauchen. Der Traumflieger, dessen Basisversion bis zu 250 Passagiere knapp 16 000 Kilometer weit befördern kann, hat riesige Fenster und eine vom Luftdruck bis zur Beleuchtung auf optimalen Fluggastkomfort ausgelegte Kabine. Trockene Luft, bislang nötig, um Korrosion am Flugzeugrumpf zu verhindern, soll der Vergangenheit angehören. Denn Boeing setzt beim neuen Modell auf Verbundstoffe ohne Metall.

Die abfälligen Sprüche blieben den Airbus-Managern angesichts des Markterfolgs der Konkurrenz bald im Halse stecken. Die aufgemotzte Version des 14 Jahre alten Großraumjets A 330, die man unter dem Kürzel A 350 eilig als Alternative anbot, löste nur ein müdes Lächeln aus. Die daraufhin überarbeitete Variante war den Airlines aber immer noch zu konventionell. Von der 787 (Auslieferung ab 2009) hat Boeing bisher 363 Exemplare verkauft, 59 in diesem Jahr. Die A 350 dümpelt bei 100 Aufträgen, 2006 gab es bisher elf Neubestellungen.

Potenzielle Kunden wie die weltgrößte Flugzeug-Leasinggesellschaft ILFC fordern einen komplett neuen Rumpf. Jetzt wird der Entwurf grundlegend überarbeitet, was die auf rund vier Milliarden Euro bezifferten Entwicklungskosten nahezu verdoppeln könnte. Am 17. Juli will Airbus auf der Airshow im britischen Farnborough die neue A350 präsentieren.

Auch der von Boeing im November doch noch gestartete Bau der 747-8 bekommt so Auftrieb. Die neue Jumbovariante kann in einer Drei-Klassen-Standardbestuhlung bis zu 500 Passagiere befördern. Zwar wurden erst fünf Frachtversionen verkauft, doch haben die Amerikaner potenziellen A 380-Kunden bereits eine weitere Verlängerung des Rumpfes in Aussicht gestellt.

Rainer W. During

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