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Nicht immer die besten Arbeitsbedingungen bei Amazon

© dpa

Update

Nach ARD-Reportage: Amazon trennt sich von Sicherheitsfirma

Die Politik nimmt nach einer kritischen ARD-Reportage den Onlinehändler Amazon ins Visier. Aus dem Skandal um die schlechten Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern zieht der Konzern nun die Konsequenzen.

Der Internet-Versandhändler Amazon hat sich nach der Berichterstattung über den Umgang mit Leiharbeitern von einer Sicherheitsfirma getrennt. „Amazon hat veranlasst, dass die Zusammenarbeit mit dem kritisierten Sicherheitsdienst mit sofortiger Wirkung beendet wird“, sagte eine Sprecherin am Montag in München. Amazon habe „eine Null-Toleranz-Grenze für Diskriminierung und Einschüchterung - und wir erwarten das gleiche von allen Unternehmen, mit denen wir arbeiten“. In einer ARD-Dokumentation waren Mitarbeiter der Firma verdächtigt worden, Amazon-Leiharbeiter schikaniert zu haben und zudem aus dem rechtsradikalen Umfeld zu stammen. Der Beitrag hatte ein erschreckendes Licht auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern am Amazon-Standort Bad Hersfeld geworfen.

Bevor Amazon die Konsequenzen zog, hatte die Politik gegen schlechte Arbeitsbedingungen und die gezielte Minderung der Steuerlast Front gemacht. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) drohte der Leiharbeitsfirma, die bislang mit Amazon zusammenarbeitete, mit Konsequenzen: „Sollte die Sonderprüfung ergeben, dass an den Vorwürfen gegen die Leiharbeitsfirma etwas dran ist, dann steht die Lizenz auf dem Spiel.“ Für die SPD ist das nicht ausreichend. „Nicht nur in Einzelfällen werden die Rechte von Arbeitnehmern in Deutschland mit Füßen getreten. Wir brauchen eine neue Ordnung am Arbeitsmarkt“, sagte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil.

Kritik an dem US-Konzern gibt es schon länger: Die Gewerkschaft Verdi wirft dem Unternehmen vor, Saisonkräfte schlecht zu bezahlen und zu behandeln. Julia Claren, Geschäftsführerin des Dussmann-Kulturkaufhauses und damit Vertreterin der stationären Konkurrenz, formulierte es in einem Tagesspiegel-Interview jüngst deutlich: „Die Logistikzentren von Amazon werden doppelt subventioniert: Bei der Ansiedlung gibt es Wirtschaftshilfen, und zudem schaffen sie staatlich geförderte Saisonarbeit und keine Vollzeitstellen, schon gar nicht im Sinne eines kompetenten Buchhändlers.“

Hinzu komme, dass Amazon von der Buchpreisbindung profitiere, aber seinen deutschen Buchumsatz in Luxemburg zu einem Steuersatz von drei Prozent versteuere. „Amazon saugt nur Umsätze ab, und das auch noch mit Kulturwerten.“

"Die Fakten müssen auf den Tisch"

Auch das ruft die Politik auf den Plan. Multinationale Konzerne sollen ihre Steuerschuld nicht mehr durch Gewinnverschiebungen in Staaten mit Niedrigsteuern drücken können. Dazu wollen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seine Amtskollegen aus Paris und London internationale Standards zur Besteuerung multinationaler Unternehmen ändern, wie sie am Rande der G-20-Finanzministerkonferenz in Moskau ankündigten. OECD-Generalsekretär Angel Gurria soll bis zum G-20-Gipfel im Sommer einen Aktionsplan vorlegen. Den könnten dann im September die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer in St. Petersburg verabschieden. Schäuble sieht gute Chancen für eine breite Unterstützung der Drei-Länder-Initiative.

Große grenzüberschreitend tätige Konzerne zahlen durch gezielte Gewinnverschiebungen oft weniger Steuern als viele mittelständische Unternehmen. Neben Amazon sind Firmen wie Starbucks, Apple, Google oder auch Ikea im Fokus der Vorwürfe. Dabei haben sich die Unternehmenssteuern in den OECD-Ländern ohnehin zuletzt auf breiter Front verbilligt. Laut der Organisation der Industrieländer ist die durchschnittliche Steuerlast für die Firmen von 32,7 Prozent im Jahr 2000 auf 25,4 Prozent gesunken. Oft liegt sie wegen vielfältiger Abzugsmöglichkeiten sogar noch erheblich darunter.

Die hessischen Arbeitsagenturen zeigten sich besorgt über die Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitern bei Amazon. Der Leiter der Regionaldirektion Hessen, Frank Martin, verlangt die schnelle Aufklärung „derzeit nicht transparenter Sachverhalte“. Die in der ARD geschilderten Arbeitsbedingungen der spanischen Saison-Arbeitskräfte „beschädigen das Ansehen Deutschlands zutiefst“. Auch Leyen mahnte zur Eile. „Der Verdacht wiegt schwer, deswegen müssen jetzt so schnell wie möglich alle Fakten auf den Tisch“, sagte sie der „Welt am Sonntag“.

Der private Sicherheitsdienst Hensel European Security Services, der die zumeist ausländischen Mitarbeiter dem ARD-Bericht zufolge schikaniert haben soll, wehrt sich. „Den Vorwurf, unser Unternehmen pflege rechtsradikale Ansichten oder unterstütze diese, weisen wir zurück“, heißt es in einer Pressemitteilung des Subunternehmers.

Zimmerdurchsuchungen seien zur „Dokumentation etwaiger Beschädigungen oder abhandengekommener Sachen“ im Einvernehmen mit dem Hotelbetreiber erfolgt und nicht rechtswidrig. Es gehöre zum Auftrag des Sicherheitsdienstes, „Hoteleigentum der unterbringenden Gastwirte vor Diebstahl und Beschädigung zu schützen“. Amazon hatte angekündigt, die Vorwürfe zu prüfen. mit rtr/dpa

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