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Wirtschaft: Amerika fürchtet nach Nortel-Krise neuen Bilanzskandal

Finanzmanager des kanadischen Telekom-Zulieferers nach Unregelmäßigkeiten suspendiert – Anleger besorgt

Washington (DeT). Die Beurlaubung zwei leitender Manager des kanadischen Unternehmens Nortel Networks zieht in der Telekomindustrie weite Kreise und könnte nach Ansicht von Analysten der Beginn einer neuen Serie von Finanzskandalen sein. Am Montag hatte Nortel Finanzvorstand Douglas Beatty und Controller Michael Gollogly wegen „ungeklärter Diskrepanzen“ bei der Buchführung für unbestimmte Zeit beurlaubt. An Beattys Stelle tritt der langjährige Nortel Manager William Kerr, Gollogly wird von Mary Anne Pahapill abgelöst. Zuvor hatte der größte nordamerikanische Telekomausrüster erklärt, dass man die Veröffentlichung des Jahresberichts für das Geschäftsjahr 2003 verschieben werde und das Konzernergebnis erneut korrigiert werden müsse. Die Nortel Aktie brach darauf hin ein und büßte am Montag fast neunzehn Prozent ihres Wertes ein. Der sich abzeichnende Skandal schlug aber auch auf andere Werte durch. So verlor der technologielastige American Stock Exchange Manufacturing Index 3,4 Prozent seines Wertes, der Nasdaq Index gab um mehr als zwei Prozent nach. „Nortel hat die goldene Regel offenbar nicht kapiert“ kommentierte der Wertpapieranalyst Paul Holman von Dominion Bond Rating Service die Hiobsbotschaft aus Toronto. „Man rückt nur einmal mit schlechten Nachrichten heraus und macht dann reinen Tisch anstatt alle paar Monate die Märkte wieder zu verunsichern."

Bereits im Oktober hatte Nortel angekündigt, dass die Ergebnisse für die Geschäftsjahre 2000, 2001 und 2002 sowie die ersten beiden Quartale 2003 revidiert werden müssten. Offenbar waren 900 Millionen Dollar an Verbindlichkeiten falsch ausgewiesen worden. Auch räumte das Unternehmen ein, dass 92 Millionen Dollar an Umsätzen verbucht wurden, die späteren Quartalen hätten angerechnet werden sollen. Zwar macht dieser Betrag nur 0,2 Prozent des Konzernumsatzes in der Periode von 2000 bis Mitte 2003 aus. Dennoch reagierten die Märkte negativ, die Nortel Aktie stürzte wieder ab.

Dabei hatte es den Anschein, als würde das Unternehmen die Krise in der Telekomindustrie besser überstehen als viele Konkurrenten. So wies Nortel zum ersten Mal seit über sechs Jahren wieder einen Gewinn aus. Die Aktie, die lange Zeit als „Penny stock“, also für weniger als einen Dollar gehandelt wurde, kletterte wieder auf über sieben Dollar. Doch nun befürchten Analysten, dass der ausgewiesene Gewinn im Zuge der jüngsten Überprüfung der Bilanzen sich als Fiktion erweisen könnte. Ähnliche Skandale, bei denen es um die falsche Zuordnung von Umsätzen und daraus resultierend fiktiven Gewinnen ging, hatten während der vergangenen Jahre Industriegiganten wie Enron, Worldcom, AOL und dem Mischkonzern Tyco erschüttert.

Zu dem konkreten Anlass oder dem Inhalt der Revision hüllt sich das Unternehmen in Schweigen. In einer Presseerklärung hieß es, dass man „die Festlegung und das Timing“ sowie die Zuordnung bestimmter Einkommensströme untersuchen werde. Vorstandschef Frank Dunn fügte hinzu, dass „unser Konzern vor noch nie dagewesenen Herausforderungen steht.“ Experten bewerten dies als Vorbote einer umfassenden Korrektur des Ergebnisses für 2003. Bislang war Nortel, der größte Telekomausrüster auf dem US-Markt, von einem Konzernumsatz in Höhe von 9,83 Milliarden Dollar ausgegangen. Die Regeln der New York Stock Exchange schreiben vor, dass spätestens bis zum dreißigsten März Aktionären die Bilanz für das Geschäftsjahr 2003 vorgelegt wird.

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