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Wirtschaft: An die Netze

Ein neues Gesetz soll die Spielregeln auf dem Telefonmarkt ändern – warum das der Telekom überhaupt nicht passt

Die Deutsche Telekom droht, künftig nicht mehr in ihre Netze zu investieren. Sie fürchtet ihre Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen, wenn das neue Telekommunikationsgesetz so kommt, wie es der Regierungsentwurf vorsieht. Ihr werde dann das Geld fehlen, in den Auf- und Ausbau moderner Netze zu investieren. Grund des Ärgers: Die Telekom soll es künftig zulassen, dass andere Anbieter ihre Anschlüsse zu einem Großhandelspreis einkaufen und mit einem Aufschlag an die eigenen Kunden weiterverkaufen können. Die Branche nennt das neudeutsch „Resale“, also Wiederverkauf.

Die Befürworter versprechen sich vom Resale eine Belebung des Wettbewerbs – bessere Preise und eine größere Auswahl für die Kunden. Denn die alternativen Anbieter können Preise und Produkte selbst gestalten, so wie es im Mobilfunk schon lange möglich ist. Aber die Telekom und einige andere lokale und regionale Anschlussnetzbetreiber fürchten um ihre milliardenschweren Investitionen, wenn Konkurrenzfirmen Anschlüsse billig einkaufen und weiterverkaufen können, ohne selbst Geld für kostspielige Netze ausgeben zu müssen.

Die Telekom fürchtet, dass sich die Konkurrenten mit attraktiven Angeboten die lukrativen Kunden herauspicken. Ob dann eine flächendeckende Telekommunikationsinfrastruktur mit hoher Qualität und zu erschwinglichen Preisen „auch in Zukunft gewährleistet bleiben kann, ist durch die vorgesehene Resale-Regelung ernsthaft in Frage gestellt“, heißt es in einer Stellungnahme der Telekom.

Anlass ist die Anhörung zum neuen Telekommunikationsgesetz (TKG), die am Montag im Wirtschaftsausschuss des Bundestages stattfindet. Das Gesetz muss novelliert werden, um es an die seit der Liberalisierung des Marktes veränderten Bedingungen und an das EU-Recht anzupassen.

Wettbewerb auf allen Ebenen

In einem sind sich die Telekom und ihre Wettbewerber einig: Mit der Novelle des TKG werden die Weichen für den Markt neu gestellt. Ein zentraler Punkt dabei ist das Resale. Unstrittig ist auch, dass Resale nach dem neuen Gesetz zugelassen werden muss, da europäische Richtlinien das vorschreiben. Strittig ist aber, ob der Wiederverkauf an bestimmte Bedingungen geknüpft werden soll. Das verlangt die Telekom. Sie will, dass Wiederverkäufer nicht nur Anschlüsse, sondern auch Verbindungsminuten bei ihr kaufen müssen. Wettbewerber wie Tele2 lehnen das ab. Sie wollen die Verbindungsminuten dort einkaufen, wo sie am günstigsten sind.

Die Telekom behauptet, dass die Netze der Anschlussanbieter dann am Kapitalmarkt nicht mehr finanzierbar seien. „Ich halte nichts von Drohungen“, sagt Hubertus Heil, Mitglied des Wirtschaftsausschusses und telekommunikationspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Er bezeichnet Resale als das heißeste Thema in der Diskussion um das neue Gesetz. „Es geht hier um eine wichtige Stellschraube, um die Balance im Infrastruktur- und Dienstewettbewerb“, sagt Heil. „Wir brauchen beides. Auch die Infrastruktur wird nur nachgefragt, wenn darauf spannende Dienste laufen.“ Doch noch sei die Meinungsbildung in seiner Fraktion nicht abgeschlossen, wie die Regelung zum Resale genau aussehen soll.

Martina Krogmann, telekommunikationspolitische Sprecherin der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, folgt der Argumentation der Telekom nicht: „Wir brauchen nachhaltigen Wettbewerb auf beiden Stufen“, sagt sie. Sechs Jahr nach der Liberalisierung hätten immer noch mehr als 50 Prozent der Bürger keine Wahl, einen Telefonanschluss bei einem anderen Anbieter als der Telekom zu beziehen. „Resale ist ein Instrument, den Wettbewerb auf der Anschlussebene zu beschleunigen“, sagt Krogmann. „Der Wiederverkauf darf nicht an Bedingungen geknüpft werden.“ Sie verstehe die Besorgnis der Anschlussnetzbetreiber um ihre Investitionen, dies sei jedoch kein Grund, Resale zu verteufeln. „Voraussetzung für den Dienstewettbwerb ist allerdings, dass es weiterhin Wettbewerb auf der Infrastukturebene gibt. Deshalb müssen Anreize für Investitionen erhalten bleiben“, sagt Krogmann. Kurz: Die Preise müssen stimmen. Bedingung dafür sei, dass die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post dafür sorgt, dass die Preise auf allen Ebenen des Wettbewerbs aufeinander abgestimmt sind, sagt Krogmann.

Bisher muss sich die Telekom als in vielen Bereichen immer noch marktbeherrschendes Unternehmen ihre Preise von der Regulierungsbehörde genehmigen lassen. Ziel des neuen Gesetzes ist es, die bisherige Regulierung von Endkundenpreisen zurückzufahren und stattdessen die Vorleistungspreise stärker zu regulieren.

Eine weitere Forderung der Opposition, die der Telekom gegen den Strich geht: Die CDU/CSU will, dass die Telekom auch künftig für die Wettbewerber das Schreiben der Rechnung, das Eintreiben der Beträge und die Mahnung übernimmt. „Für den Kunden ist es wichtig, dass er nur eine Rechnung bekommt und nicht von jedem Anbieter eine“, sagt Krogmann. Das sei auch eine wesentliche Voraussetzung für den Erhalt des Wettbewerbs. Über das Thema Rechnungsstellung streitet die Telekom schon seit langem mit den Call-by-Call-Anbietern. Doch offenbar ist hier eine einvernehmliche Lösung in Sicht: Derzeit würden konstruktive Verhandlungen geführt, heißt es beim Verband der Telekomkonkurrenten VATM.

Einvernehmlich wird es am Montag bei der Anhörung im Ausschuss sicher nicht zugehen. Sechs Stunden lang will sich der Ausschuss die Vorträge der Sachverständigen anhören. Im März oder April wird es eine zweite und dritte Lesung des Gesetzes im Bundestag geben. Im Juli soll das Gesetz in Kraft treten.

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