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Wirtschaft: Analysten loben Schrempps Kehrtwende

Börse jubelt über Strategiewechsel bei Mitsubishi/Branchenexperten zweifeln am Ausstieg: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Berlin (alf/mot). Die überraschende Entscheidung von DaimlerChrysler, die japanische Tochter Mitsubishi nicht länger zu unterstützen, hat am Freitag Rätselraten ausgelöst. In der Branche wurde gemutmaßt, es könne sich entweder um ein taktisches Manöver des deutsch-amerikanischen Konzerns handeln oder um einen Rückzug auf Raten. Die Börse reagierte euphorisch. Bis Handelsschluss legte die Daimler-Chrysler-Aktie um 5,7 Prozent zu. Dagegen verlor die Mitsubishi-Aktie rund ein Viertel ihres Wertes.

Sowohl der Nürtinger Autoprofessor Willi Diez als auch sein Gelsenkirchener Kollege Ferdinand Dudenhöffer schließen nicht aus, dass Daimler-Chrysler sich doch an der Mitsubishi-Sanierung beteiligt. „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“, sagte Diez dem Tagesspiegel. Wenn der Konzern jedoch tatsächlich aussteige, werde Daimler-Chef Jürgen Schrempp vermutlich die Marke Smart ausbauen und in Asien stärker platzieren.

In einer außerordentlichen Sitzung hatten Vorstand und Aufsichtsrat von Daimler- Chrysler am Donnerstag beschlossen, die finanzielle Hilfe für die Mitsubishi Motors Corporation (MMC) einzustellen. Der Kapitalbedarf des Unternehmens wird auf mehr als fünf Milliarden Euro veranschlagt. Wie Daimler-Chrysler am Freitag mitteilte, wurde bei den Verhandlungen mit den übrigen MCC- Gesellschaftern „keine Lösung gefunden, die zu einem für Daimler-Chrysler akzeptablen Ergebnis führt“. Allerdings wird laut Aussage von Finanzvorstand Manfred Gentz Daimler-Chrysler auf absehbare Zeit die 37-Prozent-Beteiligung an Mitsubishi behalten. Auch seien die gemeinsamen Projekte mit den Japanern nicht gefährdet.

„Es war nicht zu spät“

Wie auch immer Daimler-Chrysler bei Mitsubishi weiter vorgeht – das Engagement in Japan ist teuer. Klaus Kaldemorgen, Geschäftsführer der Fondsgesellschaft der Deutschen Bank DWS, erwartet Belastungen in Milliardenhöhe. „Die Beteiligung von 37 Prozent muss der Konzern abschreiben“, sagte er dem Tagesspiegel. Dem widersprach Gentz, dazu bestehe derzeit keine Notwendigkeit.

Daimler-Chrysler hatte für den Mitsubishi-Anteil vor rund vier Jahren 2,1 Milliarden Euro bezahlt. Ende 2003 stand das Aktienpaket noch mit 960 Millionen Euro in den Büchern. „Das ist weniger als ein Euro je Aktie“, gab Albrecht Denninghoff von der Hypo-Vereinsbank zu bedenken. Dies sei für den Konzern verkraftbar. Langfristig hält Denninghoff den Verkauf des Anteils für wahrscheinlich. Deka-Fondsmanager Michael Schneider schloss nicht aus, dass Daimler-Chrysler als „Verhandlungsoption“ seine Beteiligung hält, um sich dort später wieder stärker zu engagieren. Schrempp habe zum jetzigen Zeitpunkt „sachlich abgewogen“ und „kein gutes Geld dem schlechten hinterhergeworfen“.

DWS-Chef Kaldemorgen zeigte sich „überrascht von der Kehrtwendung des Konzerns“. „Das hätte ich Daimler-Chrysler nicht zugetraut“, sagte er. Die Entscheidung zeige aber, dass der Vorstand in der Lage sei, Entscheidungen zu korrigieren. „Es war nicht zu spät.“ Eine Kettenreaktion zu Lasten Chryslers befürchtet Kaldemorgen nicht. „Der Markt wird solche Fantasien sicher entwickeln, aber man sollte das eine mit dem anderen nicht verknüpfen.“

Zum Anstieg der Daimler-Aktie sagte Analyst Norbert Kretlow von Independent Research: „Der Aktienmarkt glaubt an eine Wiederholung der BMW-Story, aber die Situation bei Daimler-Chrysler ist eine andere: Der Konzern hat über einen Ausstieg bei Mitsubishi noch nicht entschieden.“ Klar sei nur, dass Daimler-Chrysler zum jetzigen Zeitpunkt kein frisches Kapital nachschieße und damit an Einfluss verliere. „Je weniger man aber steuern kann, desto mehr gerät die Strategie der Welt AG in Gefahr“, fürchtet Kretlow.

Die „Automobilwoche“ berichtet unterdessen mit Bezug auf Vorstandsmitglieder von Hyundai Motors, der Konzern werde kommende Woche die Kooperation mit Daimler-Chrysler kündigen. Man sei verärgert über die China-Pläne von Mercedes-Benz.

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