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Wirtschaft: André Leysen, Chef des Großaktionärs Gevaert, fordert Änderungen der Firmenkontrolle

ANDRÉ LYSEN (72) ist Verwaltungsratschef der Holding Gevaert N.V.

ANDRÉ LYSEN (72) ist Verwaltungsratschef der Holding Gevaert N.V., mit 30 Prozent größter Holzmann-Aktionär. Mit Lysen sprach Margarita Chiari.

Herr Leysen, warum springen Sie als Großaktionär Philipp Holzmann nicht bei?

Weil wir nicht die finanziellen Möglichkeiten haben. Wir haben in diesem Jahr eine große Beteiligung an Agfa erworben, das hat unsere Liquidität beansprucht. Wir wollen keine Risiken eingehen. Gevaert ist eine Holding, die ihre Engagements zu 100 Prozent selbst finanziert.

Haben Sie kein Vertrauen in den Sanierungsplan des Unternehmens?

Das habe ich nicht gesagt. Nur: Gevaert kann kein Kapital mehr zuschießen.

Es heißt, Gevaert erwägt eine Schadensersatzklage. Fühlen Sie sich getäuscht?

Es ist schon erstaunlich, dass nun - nur elf Monate, nachdem wir uns beteiligt haben - plötzlich Altlasten in einer Größenordnung von mehr als zwei Milliarden Mark auftauchen, die in Geschäften begründet liegen, die vor vier Jahren abgeschlossen wurden. Diese Rechnung hätte man doch früher machen können.

Sie haben im vergangenen Jahr Aktienpakete an Philipp Holzmann von Hochtief und der Deutschen Bank gekauft. Wurden Sie seinerzeit getäuscht?

Ich bin immer sehr vorsichtig mit Schuldzuweisungen. Man muss zunächst die Schuld bei sich selber suchen. Wir haben vor unserem Engagement nicht genügend nachgeforscht.

Sie saßen im Aufsichtsrat von Philipp Holzmann. Gab es keine Vorwarnungen über die Schieflage?

In deutschen Aufsichtsräten wird nicht so offen geredet wie in anderen Ländern. Das System der Mitbestimmung, die paritätische Besetzung des Aufsichtsrates mit Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite, hat sicher Vorteile. Das Ergebnis aber ist, dass in Aufsichtsratssitzungen eine gewisse Sterilität herrscht, weil jeder seine Interessen wahren muss. Vieles wird vorher besprochen, die Sitzung selbst verläuft dann oft wie eine Liturgie.

Muss das deutsche Aufsichtsratssystem reformiert werden?

Immerhin hat es in jüngerer Zeit eine ganze Reihe von Riesenschieflagen in deutschen Unternehmen gegeben - etwa bei der Metallgesellschaft oder der HypoVereinsbank.

Könnte das nun ausländische Investoren davon abhalten, sich in Deutschland zu engagieren?

Nein, das glaube ich nicht. Der Fall Philipp Holzmann hat dem Ansehen deutscher Unternehmen an der Börse geschadet, aber das wird nicht von Dauer sein. Abschreckend für Investoren sind eher die zahlreichen administrativen Hindernisse bei einer Investition.

Wird Gevaert sich weiter in Deutschland engagieren?

Warum nicht? Wir haben in der Vergangenheit auch sehr gute Investitionen in Deutschland getätigt. Wir suchen derzeit aber nicht.

Versuchen Sie, Ihre Holzmann-Beteiligung zu verkaufen? Es wird ja über Interessenten spekuliert - der Kurs steigt wieder.

Wenn ein Käufer käme, der uns den Einstandspreis bietet, wäre ich froh.

Es hat sich noch niemand bei Ihnen gemeldet?

Nein.

Wieviel hat Gevaert das Holzmann-Engagement gekostet?

Wir haben 400 Millionen Mark abgeschrieben. Das entpricht acht Euro je Gevaert-Aktie. Der Börsenkurs ist entsprechend zurückgegangen. Holzmann stellt immerhin 15 Prozent unseres Portfolios dar. Die Beteiligung haben wir intern abgeschrieben.

Welche Lehren ziehen Sie aus dem Holzmann-Debakel?

Etwas weniger Vertrauen und mehr Kontrolle.

Herr Leysen[warum springen Sie als Großakti]

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