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Besorgte Mienen. Trader an der New Yorker Wall Street.

© REUTERS

Angst vor der Rezession: Wie Aktionäre sich auf unsichere Zeiten einstellen

Handelsstreit und Brexitsorgen haben die Kurse zuletzt stark nach unten gedrückt. Wie sollten Anleger darauf reagieren? Vier Strategien von Profiinvestoren.

Von Andreas Oswald

Der jüngste Absturz an den Börsen begann vergangene Woche mit der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, Strafzölle auf Importe aus China stark auszuweiten. Unabhängig davon gibt es aber weitere, fundamentalere Faktoren, die für die unmittelbare Zukunft von Aktienkursen und Wirtschaft eine Rolle spielen könnten. Vier Ansätze, wie Anleger durch schwierige Zeiten kommen.

1. Inverse Zinskurve
Die Schweizer Privatbank Dreyfus Banquiers hat ein Konzept ausgearbeitet, mit dem die Aktienquote im Portfolio des Anlegers so gesteuert werden kann, dass die großen Einbrüche vermieden und die jährlichen Renditen erhöht werden können. Das Regelwerk der Investmentstrategen Daniel R. Witschi und Uwe Heller beruht auf der Erfahrung, dass eine sogenannte inverse Zinskurve in den USA wie in vielen anderen Ländern auf eine Rezession hingewiesen hat.

Eine inverse Zinskurve liegt immer dann vor, wenn die Rendite einer dreimonatigen Staatsanleihe höher ausfällt als die einer zehnjährigen. Witschi und Heller haben das getestet. Der Anleger verkauft alle Aktien im Portfolio, die den S&P 500-Index repräsentieren (das sind die 500 größten Konzerne der USA), wenn die Zinskurve in den USA invers ist. Genauer: wenn sie über drei Monate hinweg durchschnittlich invers ist.

Umgekehrt kauft der Anleger Aktien, wenn die Renditedifferenz von zehnjährigen Staatsanleihen zu dreimonatigen auf plus drei Prozent steigt. Von Dezember 1998 bis heute habe diese Strategie eine jährliche Rendite von 9,7 Prozent gebracht. Der S&P 500, den der Anleger mit einem Indexfonds (ETF) abbilden kann, hat dagegen in dieser Zeit nur eine jährliche Rendite von 6,3 Prozent gebracht.

Das Datum, an dem das jüngste Verkaufssignal ausgelöst wurde, war laut Heller der 28. Juni 2019. Damals stand der S&P 500-Index bei über 2900 Punkten nahe seinem Allzeithoch. Man hätte also verkaufen können, bevor die Turbulenzen losgingen. Anleger, die Aktien nicht verkaufen wollen, können sich stattdessen darauf konzentrieren, weitere Ersparnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt in Aktien zu investieren. Laut Witschi und Heller müssen sie damit aber noch ein bisschen warten. (Wer die Renditedifferenz selber beobachten möchte, klicke bitte hier.)

In den vergangenen Wochen haben Vermögensverwalter immer wieder die Aussagekraft der derzeitigen inversen Zinskurve in Frage gestellt. Ihr Argument: Die US-Notenbank Fed habe mit ihren Leitzinserhöhungen der letzten Jahre die Zinskurve manipuliert. Dreyfus-Banquier Heller verteidigt dagegen den Ansatz mit dem Argument, dass auch in der Vergangenheit die Zinskurve invertierte, als die Fed die Leitzinsen erhöhte. „Das war früher auch der Fall“, sagt Heller. Es liegt also kein Unterschied vor zu den früheren Fällen.

2. Volatilitätsindex

Das Daten-Analysehaus DataTrek Research weist darauf hin, dass der vorläufige Boden einer Abwärtsbewegung dann erreicht ist, wenn der US-Volatilitätsindex bezogen auf den S&P 500 (CBOE VIX Index) den Wert von 30 übersteigt. Das war in den vergangenen Tagen nicht der Fall, weshalb noch keine Eile geboten ist. (Wer den Vix beobachten möchte, klicke bitte hier.) In der Vergangenheit gab dieses Kriterium gute Einstiegssignale.

3. Hochzinsveränderung 

Professionelle Vermögensverwaltungen beobachten streng, ob sich die Renditen von Hochzinsanleihen von US-Industrieunternehmen mit niedriger Bonität plötzlich stark von der Rendite der Staatsanleihen abheben. Laut DataTrek Research geht von dieser Beobachtung derzeit kein Rezessionsrisiko aus. Allerdings berichtete die „Financial Times“ in ihrer Mittwochausgabe von einem plötzlichen Sprung der Junk-Renditen, dem größten der letzten drei Jahre. Investoren würden sich immer mehr aus diesen Hochzinsanleihen verabschieden. „Hochzinsanleihen sind der Kanarienvogel in der Kohlemine, wenn es um Rezessionen geht“, zitiert das Blatt Max Gokhman von Pacific Life Fund Advisors.

4. Rebalancing

Anleger, die sicher gehen wollen, dass sie immer niedriger kaufen als verkaufen, können eine sogenannte Rebalancing-Strategie für sich entwickeln. Dabei geht es darum, den Anteil der Aktienquote im Gesamtportfolio weitgehend konstant zu halten. Immer dann, wenn die Aktienquote vom gewünschten Wert stark abweicht, wird verkauft, oder gekauft. Beispiel: Ein Anleger hat Aktien und Tagesgeld in einem Verhältnis von 50 : 50. Wenn die Aktien so stark steigen, dass das Verhältnis 60 : 40 beträgt, dann verkauft er so viel, dass wieder das alte Verhältnis hergestellt ist. Genauso umgekehrt: Wenn die Aktien so stark fallen, dass sie nur noch 40 Prozent ausmachen, werden entsprechend viele Aktien gekauft, damit es wieder 50 : 50 steht. (Einen ausführlichen Beitrag zu diesem Thema finden Sie hier.)

Anleger, die langfristig denken, lassen sich ohnehin nicht beirren und halten ihre Aktien jahrzehntelang und kassieren in Ruhe die Dividenden.

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