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Wirtschaft: Anschlussprobleme

Der Wechsel kann sich lohnen. Doch nicht immer klappt er reibungslos

Die Geräte und die Auftragsbestätigung kamen schnell. Dann kam gar nichts mehr. Ende August 2007 hatte Paul Nitsche für seine Privatwohnung ein Internet- und Telefon-Komplettpaket beim Anbieter Tele2 bestellt. „Vier Wochen später sollte es losgehen“, erzählt der Berliner Unternehmer. Doch der Termin verstrich, ohne dass irgendetwas geschah. Aus Tagen ohne Telefon wurden Wochen. Nach diversen Beschwerden bekam Nitsche einen neuen Anschlusstermin, doch wieder passierte nichts. „Die Telekom hat den Anschluss nicht geschaltet“, erklärte eine Sprecherin von Tele2 dem Tagesspiegel. Nitsche war das egal: Ende des Jahres kündigte er den Vertrag. Davon wollte Tele2 jedoch zunächst nichts wissen. Das lasse der Vertrag nicht zu, lautete die Begründung. Weitere Beschwerden folgten. Erst Ende Januar wurde der Kündigung stattgegeben.

Das ist kein Einzelfall. „Die Zahl der Beschwerden über Telefonanbieter nimmt zu“, sagt Ronny Jahn, Jurist der Verbraucherzentrale Berlin. Viele Beschwerden kämen auch von Kunden, die eigentlich nur Informationsmaterial anfordern wollten und dann gleich mit einer Bestätigung über einen Anbieterwechsel überrascht würden. Besonders die Anbieter Freenet und Primacall seien mit solch einer Praxis unangenehm aufgefallen, sagt Jahn. Häufiger seien jedoch Probleme technischer Natur. Die meisten Beschwerden gäbe es, weil wechselwillige Kunden nach Vertragsabschluss plötzlich ohne Anschluss leben müssten.

Doch auch wenn der Anschlusswechsel problemlos über die Bühne geht, ist man vor technischen Schwierigkeiten nicht gefeit. „Im Februar fiel bei uns für dreieinhalb Wochen die Internetstandleitung aus“, berichtet Andreas Obst-Gillmeister. Der Wechsel zu Freenet war kein Problem, sagt der Mann aus Spandau, Wochen später war aber plötzlich die Leitung tot. „Gründe für die Störung wurden uns auch auf Nachfrage nicht genannt“, beklagt er. „Drei Wochen habe ich täglich die Kundenhotline angerufen.“ Ergebnislos. Jedes Mal habe ein anderer Servicemitarbeiter ihn vertröstet. Irgendwann habe die Leitung dann wieder funktioniert – kommentarlos. Seine Forderung, wenigstens die Grundgebühr für den Monat ohne Netz zu stornieren, habe Freenet einfach ignoriert.

Auch das kennt Jahn von der Verbraucherzentrale. „So etwas wird von den Anbietern mitunter einfach ausgesessen“, sagt er. „Mit ihrem meist geringen Personal kommen sie bei den vielen Anfragen oft nicht hinterher.“ Wenn der Wechsel nicht klappt, sei jedoch nicht immer nur der überforderte Neuanbieter verantwortlich. „Wir wissen, dass auch die Telekom gelegentlich Schwierigkeiten macht“, sagt Jahn. Als Platzhirsch habe sie ein Interesse daran, die Scheu vor dem Wechsel hochzuhalten.

Doch der Rückstau von unbearbeiteten Aufträgen, den es noch zu Beginn des Jahres gegeben hat, ist deutlich kleiner geworden. Ein von den Wettbewerbern beantragtes Missbrauchsverfahren gegen die Telekom hat die Bundesnetzagentur jetzt eingestellt. Die Situation habe sich entspannt, berichten die Wettbewerber. Derzeit, das schreibt die Bundesnetzagentur vor, muss die Telekom mindestens 330 000 Schaltungen pro Monat bewerkstelligen. Nach eigenen Angaben schafft sie aber mehr. „Oft kommt es jedoch zu Verzögerungen, weil die Konkurrenzanbieter sich nicht an abgesprochene Kontingente halten“, sagt ein Telekom-Sprecher. „Wenn wir mit jemand 50 000 Schaltungen vereinbaren, der dann mit 100 000 Kunden Verträge macht und die an uns weiterreicht, dann haben 50 000 Kunden darunter zu leiden. Nähmen wir die Kapazitäten anderen Anbietern weg, müssten die warten.“

Dem Kunden ist im Zweifel egal, wer die Probleme verursacht. Es ändert auch nichts an seinem Ansprechpartner: Das ist immer der neue Vertragspartner – egal, ob es um technische Störungen oder Schadenersatzansprüche geht. Letztere durchzusetzen sei jedoch schwierig bis unmöglich, sagen Verbraucherschützer. Dafür muss der Kunde beweisen, dass der Anbieter eine Pflichtverletzung begangen hat. Das ist kompliziert. Paul Nitsche hat es trotzdem versucht und reichte die gesammelten Handyrechnungen ein, die in der Zeit ohne Anschluss angefallen sind. „Da kam ich locker auf 500 bis 1000 Euro“, rechnet er vor. Inzwischen bekam er sogar eine Gutschrift – in Höhe von 60 Euro. „Der Rest folgt, wenn alle Rechnungen vorliegen“, versprach ein Sprecher von Tele2. Kann man bei solchen Rahmenbedingungen den Wechsel überhaupt empfehlen? „Schwierig“, sagt Verbraucherschützer Jahn. Generell abraten wolle er aber auch nicht. Jeder Wechselwillige müsse aber damit rechnen, dass es Verzögerungen von ein bis zwei Wochen geben kann.

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