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Wirtschaft: Arbeitslose sollen über Privates Auskunft geben Arbeitsagentur plant detaillierte Befragung

Berlin Langzeitarbeitslose sollen der Arbeitsagentur künftig detailliert Auskunft über ihre persönliche Lebenssituation geben. Ihr Fallmanager soll sie gezielt auch nach Freunden und Nachbarn, gesundheitlichen Problemen oder möglicher Alkoholsucht fragen.

Berlin Langzeitarbeitslose sollen der Arbeitsagentur künftig detailliert Auskunft über ihre persönliche Lebenssituation geben. Ihr Fallmanager soll sie gezielt auch nach Freunden und Nachbarn, gesundheitlichen Problemen oder möglicher Alkoholsucht fragen. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg bestätigte, dass ein entsprechendes Konzept derzeit in zwei Arbeitsagenturen erprobt werde. Eine BA-Sprecherin widersprach aber einem Bericht der „Bild am Sonntag“, wonach Bezieher von Arbeitslosengeld II einem „Intim-Verhör“ unterzogen würden. Es gehe nur um Langzeitarbeitslose mit massiven Schwierigkeiten, zum Beispiel Suchtproblemen, die eine Arbeitsvermittlung erschwerten.

Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner unterstützte das Vorgehen der BA. „Ziel der Hartz-IV-Reform ist es, bisher als nicht vermittelbar geltenden Menschen eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu geben“, sagte er. Wenn ein Fallmanager jemandem auch bei der Lösung seiner persönlichen Probleme helfen solle, müsse er die Person gut kennen. Die Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) unterstützte das BA-Konzept ebenfalls. „Es handelt sich um eine ganz normale Methode für die zielgenaue Betreuung“, sagte sie. Bedenken äußerte indes ein Sprecher des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Peter Schaar. „Wir sehen das kritisch. Das vorliegende Konzept muss datenschutzrechtlich nachgebessert werden“, sagte Schaars Sprecher.

SPD-Innenpolitiker unterstützten die Kritik – Fragen nach Freundschaften oder Klinikaufenthalten gehen ihnen zu weit. Arbeitsmarktexperte Brandner hält den Konflikt aber für lösbar: Möglicherweise müsse man genauer festschreiben, wie mit den erhobenen Daten umzugehen sei. „Wenn jemand erfolgreich in den Arbeitsprozess zurückgekehrt ist, gibt es keine Notwendigkeit, irgendwelche Daten bei der BA zu horten“, sagte er.

Das Hartz-IV-Gesetz schreibt vor, dass jeder arbeitsfähige Erwerbslose sich um einen neuen Job bemühen muss. Das Arbeitslosengeld II kann ansonsten gekürzt werden. Zugleich sieht die Reform die stärkere Förderung von Langzeitarbeitslosen vor. Sie werden in Jobcentern in Kategorien eingeteilt, die von „problemlos“ bis zu „schwer vermittelbar“ reichen.

Das Fördern hat nach Meinung von Regierungs- und Koalitionspolitikern bisher zu wenig stattgefunden. So wurden die zusätzlichen BA-Mittel für die bessere Vermittlung nicht ausgeschöpft. Stattdessen stiegen die Kosten für das Arbeitslosengeld II, weil fast eine Million Haushalte mehr als erwartet Anspruch darauf haben. Ursache ist, dass die Kommunen zu Jahresbeginn fast alle Sozialhilfeempfänger als erwerbsfähig eingestuft haben. Das wiederum hat bei der BA den Verwaltungsaufwand erhöht. „Die beabsichtigte bessere Vermittlung muss jetzt endlich richtig beginnen“, heißt es in Berlin, „sonst läuft uns Hartz IV aus dem Ruder.“ Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) zufolge ist die Umsetzung des Hartz-IV-Gesetzes sein größtes Haushaltsrisiko. Einen „mittleren einstelligen Milliardenbetrag“ erwartet er zusätzlich 2005 ausgeben zu müssen. dri/HB

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