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Verschlüsselt. Gute und sehr gute Bewertungen werden im Arbeitszeugnis in Superlativen formuliert wie "äußerst sorgfältig".

© dpa-Zentralbild/Jens Büttner

Arbeitsrecht: Der Code im Arbeitszeugnis

Was die Formulierungen im Arbeitszeugnis wirklich bedeuten, erklärt die Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund Marta Böning.

Unser Leser fragt: Weil meine Firma umstrukturiert wird, habe ich meinen Chef gebeten, mir ein Zwischenzeugnis auszustellen. Mein Chef hat mich bisher immer gelobt. In meinem Zeugnis steht nun, dass ich von Kollegen und Vorgesetzten geschätzt werde, ein großes Einfühlungsvermögen gegenüber anderen Mitarbeitern mitbringe und meine Arbeit zur Zufriedenheit der Vorgesetzten erbringe. Ein Grund zur Freude, oder?

Die Arbeitsrechtlerin antwortet: Die meisten Beschäftigten wissen, dass sie ein Arbeitszeugnis erhalten sollen, wenn sie ihr Unternehmen verlassen. Ein Zwischenzeugnis kann aber auch im bestehenden Arbeitsverhältnis sinnvoll sein, etwa wenn der Vorgesetzte wechselt oder Umstrukturierungen innerhalb der Firma anstehen. Auch Beschäftigte, die seit mehreren Jahren im Unternehmen tätig sind und bisher noch nicht in Form eines Zwischenzeugnisses beurteilt worden sind, können dieses einfordern.

Der Arbeitgeber ist keinesfalls frei darin, was er im Zeugnis festhält und wie er dies tut: wahrheitsgemäß und wohlwollend soll er zumindest Art und Dauer der Tätigkeit, auf Verlangen des Beschäftigten auch Leistungen und Kenntnisse sowie das Verhalten beurteilen. Negative Formulierungen oder offene Kritik haben im Arbeitszeugnis nichts zu suchen – auch wenn es durchaus Gründe dafür gibt. Diesem Umstand ist zu verdanken, dass es eine eigene Zeugnissprache gibt, die hinter wohlwollend klingenden Formulierungen Kritik versteckt. Personalverantwortliche kennen diese Codes – auch wenn das Gesetz die Verwendung von Geheimsprache untersagt.

In der Zeugnissprache entfalten Bewertungen wie in Ihrem Zwischenzeugnis eine eigene Bedeutung. Werden Sie von Kollegen und Vorgesetzten geschätzt, bedeutet es zum einen, dass bei Ihnen die Geselligkeit (Kollegen) vor Arbeitspflichten (Vorgesetzten) stand und zum anderen, dass die Ihnen entgegengebrachte Wertschätzung viel zu wünschen übrig lässt („nur“ geschätzt, anstatt „sehr, außerordentlich“). Ein großes Einfühlungsvermögen bedeutet im Grunde, dass Sie lieber geflirtet als gearbeitet haben. Haben Sie die Arbeit zur Zufriedenheit erbracht, bedeutet dies eine Leistungsbewertung mit der Note „ausreichend“, während „stets zur vollsten Zufriedenheit ein „sehr gut“ bedeutet.

Grundsätzlich gilt: Gute und sehr gute Bewertungen enthalten Superlative wie „äußerst sorgfältig“, „in jeder Hinsicht“, „stets vollumfänglich“. Scheinbar harmlose Beurteilungen wie „im Großen und Ganzen zufriedenstellend“ sind dagegen vernichtend. Haben Sie Zweifel, ob Ihr Zeugnis für Sie förderlich ist, sollten Sie sich juristisch beraten lassen – zur Not können Sie auch eine Berichtigung des Zeugnisses einfordern.

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

Marta Böning

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