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Wirtschaft: Atomschmerz im Südwesten

Energiewende lässt Versorger EnBW tief in die roten Zahlen rutschen. Der Ausblick ist pessimistisch.

Karlsruhe - Der Atomausstieg hat dem drittgrößten deutschen Energiekonzern EnBW 2011 ein drastisches Minus eingebracht. Statt eines satten Gewinns von knapp 1,2 Milliarden Euro wie im Jahr zuvor musste EnBW-Chef Hans-Peter Villis ein Minus von 867,3 Millionen Euro präsentieren. Diese Situation werde sich auch in den kommenden Jahren nicht wesentlich bessern, „denn in Folge der energiepolitischen Beschlüsse des letzten Jahres sind und werden unsere Geschäftsergebnisse erheblich belastet“, sagte Villis bei seiner letzten EnBW-Jahresbilanz am Mittwoch in Karlsruhe. Er wird das Haus spätestens Ende September verlassen.

Das Unternehmen geht davon aus, dass die Ergebnisse in den kommenden Jahren weiter sinken – in einem Umfang von bis zu 20 Prozent. „Aber wir sind alles andere als ein Sanierungsfall“, sagte Villis. EnBW sei gut auf die Energiewende vorbereitet. Bis das Unternehmen wieder zur alten Größe heranreife, „wird es nicht Jahrzehnte dauern, sondern höchstens fünf bis sechs Jahre“.

Bis 2014 will EnBW rund 4,1 Milliarden Euro investieren, einen Großteil davon in erneuerbare Energien, kündigte Villis an. Die Energiewende werde allerdings Zeit brauchen. Großprojekte wie Pumpspeicherwerke oder Offshore-Windparks benötigten mehrere Jahre für Planung und Bau. Erst 2030 könne die Leistung der vier Atomkraftwerke aus dem Jahr 2010 mit Windkraft erbracht werden. In Planung ist der Windpark „Baltic 2“ in der Ostsee, der 2013 gebaut werden könnte, sowie weitere Anlagen in der Nordsee.

Vor diesem Hintergrund beurteilte Villis das ambitionierte Ziel der Bundesregierung kritisch, bis 2020 rund 35 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. „Es fehlt eine koordinierende Stelle – vor allem für den Netzbetrieb“, sagte Villis. Er hatte bereits die Einrichtung eines Energieministeriums angeregt. Zudem müsse sich die Regierung stärker um die Akzeptanz von Windrädern und Pumpspeicherkraftwerken bemühen. „Man muss den Bürgern ganz klar sagen, was das bedeutet.“ Der Enthusiasmus für die Energiewende sei inzwischen einer realistischeren Einschätzung gewichen.

Beim Umsatz konnte der Konzern zulegen. Er stieg von 17,5 auf 18,8 Milliarden Euro. Davon wurden fast 16,2 Milliarden Euro mit Strom verdient – ein Plus von 7,9 Prozent. Das Gasgeschäft nahm mit 1,7 Prozent leicht zu auf 1,8 Milliarden Euro. „Unter den derzeitigen Bedingungen planen wir in diesem Jahr keine Preiserhöhungen“, sagte Villis. Das Land Baden-Württemberg bekommt als Großaktionär die Krise ebenfalls zu spüren. Statt der rund 374 Millionen Euro wird das Unternehmen nur 207 Millionen Euro Dividende ausschütten. Zudem sollen das Land und der Regionalverband OEW, die rund 93 Prozent der Aktien halten, einer Kapitalerhöhung zustimmen. Beide müssten je 400 Millionen Euro zuschießen. dpa

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