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Wirtschaft: Aufpassen wie ein Luchs

BERLIN . Wer in Urlaub fährt und sein Gepäck versichert hat, der darf sich dennoch nicht in der Gewißheit wiegen, seine Reisegepäckversicherung werde schon finanziell alles richten, wenn von den "20 Kilogramm Freigepäck" auf dem Rückweg nur noch zehn Kilogramm übriggeblieben sind.

BERLIN . Wer in Urlaub fährt und sein Gepäck versichert hat, der darf sich dennoch nicht in der Gewißheit wiegen, seine Reisegepäckversicherung werde schon finanziell alles richten, wenn von den "20 Kilogramm Freigepäck" auf dem Rückweg nur noch zehn Kilogramm übriggeblieben sind. Was bedeutet das?Die Gesellschaften regulieren Diebstahlschäden während des Urlaubs äußerst pingelig und verweigern die Zahlung, wenn der Urlauber nicht nachweisen kann, daß er auf seine Siebensachen wie ein Luchs aufgepaßt hat. Empfehlung der Versicherer: "Passen Sie auf Ihr Gepäck so auf, als wäre es nicht versichert". Nur wegen des - vermeintlichen - Versicherungsschutzes den Schlendrian einkehren zu lassen, kann nämlich als grobe Fahrlässigkeit ausgelegt werden. Und dann ist das Hab und Gut trotz Versicherung unversichert.Ist eine spezielle Reisegepäckversicherung überhaupt erforderlich? Nicht unbedingt, wenn eine Hausratversicherung besteht und nicht gar zu üppig bestückt in die Ferien gefahren wird. Denn auch die Hausratversicherung deckt das mitgenommene Hab und Gut - je nach Abschluß des Vertrages in unterschiedlicher Höhe - die Versicherungsbedingungen nennen den exakten Betrag.Gilt das auch, wenn aus einem Auto etwas gestohlen wird? Ja, wenn der Wagen in einem Parkhaus oder in einer Garage abgestellt war.Welche Gepäckstücke schließt eine Reisegepäckversicherung ein? Gestohlenes, verlorenes, zerstörtes oder beschädigtes Reisegepäck, das sich "in Gewahrsam" zum Beispiel des Busunternehmens oder des Hotels befindet.Und was ist mit der übrigen Reisezeit? Dann gilt der Versicherungsschutz, wenn Gepäck gestohlen oder durch andere mutwillig zerstört wurde; wenn ein Unfall passiert; wenn Sturm, Brand oder Blitzschlag Schaden angerichtet hat.Wird gestohlenes Geld ersetzt? Nein, auch Schecks und Fahrkarten nicht.Wie steht es mit der Fotoausrüstung und dem Schmuck? Die sind versichert, solange sie getragen beziehungsweise benutzt und "sicher verwahrt" werden. Das bedeutet: Die Sachen müssen "fest im Griff" oder am Körper sein. Oder sie sind im Hotelsafe eingeschlossen. Oder sie befinden sich im abgeschlossenen Hotelzimmer.Was gilt für das Gepäck im Auto? Solange man sein Fahrzeug "im Blick" hat, ist das Gepäck darin versichert. Auf einem Parkplatz (auch bei einem bewachten) besteht nur tagsüber Versicherungsschutz.Was wird im Falle eines Falles ersetzt? Das, was zur Wiederbeschaffung des Gepäcks nötig ist. Allerdings muß dann auch der Wert des vollen Gepäcks versichert worden sein. Wer Beiträge sparen wollte und nur 3000 DM Reisegepäck versichert hat, aber mit Sachen im Wert von 5000 DM in Urlaub gefahren ist, der bekommt nur 3/5 seines Schadens ersetzt. Außerdem sehen die Bedingungen für Schmuck, Fotosachen und Reiseandenken Höchstgrenzen vor.Wie sehr auf seine Siebensachen aufgepaßt werden muß, ist Urteilen der Gerichte zu entnehmen. So hat das Landgericht Siegen entschieden: Läßt ein Urlauber seine Fotoausrüstung während einer Pause im Reisebus zurück (hier: in Mexiko), weil der Reiseleiter versichert hatte, er werde das Fahrzeug abschließen, wird das Gerät aber gestohlen, weil der Bus nicht verschlossen war, so braucht die Reisegepäckversicherung nicht zu leisten, weil der Urlauber sich auf die Zusage des Reiseleiters nicht hätte verlassen dürfen, vor allem nicht in einem Land "mit hoher Diebstahlquote" (AZ: 3 S 177/97).In dieselbe Kerbe schlägt das Landgericht Duisburg: Werden in einem gemieteten Ferienhaus die Fenster im Erdgeschoß "auf Kipp" gestellt und räumen Diebe die Parterreräume leer, während sich die Urlauber im Obergeschoß aufhalten, muß die Reisegepäckversicherung wegen grober Fahrlässigkeit nicht leisten - auch wenn es an diesem Abend sehr schwül war (AZ: 24 (4) S 378/95).Und auch das Amtsgericht Bielefeld ließ eine Versicherte leer ausgehen: Wird einer Frau der Schmuck gestohlen, den sie in ihrer geschlossenen und gesicherten Reisetasche deponiert und in der Ablage über ihrem Flugzeugsitz verstaut hatte, während sie schlief, so muß die Reisegepäckversicherung den Schaden nicht ersetzen, weil sie das Geschmeide weder "bestimmungsgemäß benutzt" noch "in persönlichen Gewahrsam" hatte (AZ: 4 C 226/97)."Körperkontakt" mit dem Koffer ist "sehr empfehlenswert", meinte das Amtsgericht München: Auch wenn ein Urlauber seinen mit wertvollem Inhalt beladenen Koffer nur "wenige Sekunden" aus den Augen läßt, um ein Bahnticket zu kaufen, braucht seine Reisegepäckversicherung nicht zu leisten, wenn das gute Stück in diesem Augenblick gestohlen wird - weil er mit seinem Koffer "zumindest Körperkontakt" hätte halten müssen (AZ: 173 C 17760/96). Man sieht: Reisegepäckversicherer sind beinahe "sicher" davor, ihren Versicherten finanziell unter die Arme greifen zu müssen, wenn sie im Urlaub das Pech hatten, auf Leute zu stoßen, die es mit den Eigentumsrechten nicht so genau nahmen.

WOLFGANG BÜSER

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