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Wirtschaft: Aufsichtsrat feuert Infineon-Chef Schumacher

Der Boss des Chip-Herstellers scheitert vor allem an der IG Metall / Ex-BASF-Manager Kley wird Nachfolger

Berlin (brö/jojo/HB). Der Vorstandschef des Chipherstellers Infineon, Ulrich Schumacher, ist am Donnerstag überraschend zurückgetreten. Wegen Differenzen über den Führungsstil und die Konzernpolitik war der Aufsichtsrat zuvor einstimmig von ihm abgerückt. Zum Interimschef bestimmte das Gremium Max Dietrich Kley, einen früheren BASFManager. Die Börse reagierte verwirrt – die Infineon-Aktie verlor zeitweise rund drei Prozent.

Der Aufsichtsrat sprach sich nach Informationen aus dem Gremium in einer sechs Stunden dauernden Sitzung geschlossen gegen den Manager aus. „Es hat geknallt“, sagte ein Gewerkschafter. Man sei schon länger unzufrieden mit Schumacher gewesen. Vor allem seine selbstherrliche Art sei ihm zum Verhängnis geworden. Intern habe es auch Streit gegeben mit den Ressortchefs für Technik und Finanzen, Andreas von Zitzewitz und Peter Fischl. Letztlich sei der 45-Jährige nicht mehr zu halten gewesen, verlautete aus den Kreisen. Infineon selbst wollte die Demission nicht kommentieren.

Infineon ist der sechstgrößte Chiphersteller der Welt und gehörte früher zum Siemens-Konzern. Produkte Infineons finden sich etwa in Mobiltelefonen oder in der Elektronik von Autos. Am 1. März 1999 war Infineon von Siemens abgespalten worden. Seit März 2000 ist das Unternehmen an der Börse notiert und mittlerweile Mitglied im Deutschen Aktienindex Dax. Der aktuelle Kurs liegt allerdings nur noch bei etwa einem Drittel des Ausgabewertes.

Unbeliebter Manager

Schumacher war einer der umstrittensten Unternehmensführer in Deutschland. Vergangenes Jahr sorgte der promovierte Ingenieur und Ex-Siemens-Vorstand monatelang für Schlagzeilen, als er eine Verlegung des Konzernsitzes ins Ausland ins Gespräch brachte. Hier zu Lande waren ihm die Steuern zu hoch. Damit machte er sich beim Mutterkonzern Siemens und vor allem bei den Gewerkschaften viele Feinde – seine Idee musste er am Ende begraben.

„Wir haben ganz klar die Hoffnung, dass sich mit dem neuen Chef einiges ändert", sagte gestern ein Vertreter der IG Metall. Man bedauere den Abgang nicht. Schumacher hatte die Belegschaft immer wieder mit Bestrebungen zur Kostensenkung unter Druck gesetzt. Auch sein Plan, jährlich einen gewissen Prozentsatz an konstant leistungsschwachen Mitarbeitern zu identifizieren, war auf heftige Kritik gestoßen.

Wenige Freunde hatte Schumacher zudem bei den Aktionären. Auf der letzten Hauptversammlung im Januar hatte ein üppiges Aktienoptionsprogramm für den Vorstand die Teilhaber erzürnt. Allerdings war dem Vorstandschef auch die Wende bei dem lange Zeit defizitären Konzern gelungen. In den vergangenen drei Jahren hatte Infineon im Zuge der Krise auf dem Chipmarkt hohe Verluste eingefahren und 5000 Arbeitsplätze gestrichen. Zuletzt hatte der Verlust im Geschäftsjahr 2002/2003 bei 435 Millionen Euro gelegen. Erst vor wenigen Monaten war das Unternehmen in die Gewinnzone zurückgekehrt. Im Konzern hieß es, das Geschäft laufe derzeit „wie erwartet gut“, die Auftragsbücher seien voll. Matthias Maus, Analyst bei der ING BHF-Bank in Frankfurt (Main), sieht für dieses Jahr erstmals wieder einen kleinen Gewinn bei dem Unternehmen.

Schumachers Nachfolger Kley ist ehemaliger Finanzvorstand des Chemiekonzerns BASF. Der 64-Jährige Jurist soll maximal ein Jahr im Amt bleiben, hieß es.

An der Börse sorgte der Rücktritt für Unruhe, es gab Spekulationen über Bilanz-Unregelmäßigkeiten. Die Infineon-Aktie rutschte nach der Mitteilung deutlich auf unter elf Euro ab, erholte sich aber später wieder. Das Papier ging mit 11,02 Euro aus dem Handel, das war ein Minus von 1,17 Prozent.

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