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Treppengespräche. Mit der Nachricht, dass man aufsteigen will, sollte man bei Kollegen nicht hausieren gehen. Foto: Imago

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Wirtschaft: Aufstieg mit Tücken

Für Christine Schulte führt der Weg von ihrem Büro in die Kaffeeküche am schwarzen Brett vorbei. Sie arbeitet in einem großen Verlagshaus als Redaktionsassistentin und liest sich immer wieder die ausgeschriebenen Stellen durch.

Für Christine Schulte führt der Weg von ihrem Büro in die Kaffeeküche am schwarzen Brett vorbei. Sie arbeitet in einem großen Verlagshaus als Redaktionsassistentin und liest sich immer wieder die ausgeschriebenen Stellen durch. „Die Verlockung ist groß, sich in eine andere Abteilung zu bewerben, zum Beispiel in die Verwaltung“, sagt sie. Doch die Angst, dass ein Versuch das Verhältnis zu dem Chef und den Kollegen belasten könnte, hat sie bislang davon abgehalten.

Und diese Angst ist nicht ganz unbegründet. Sich beim aktuellen Arbeitgeber auf eine Position zu bewerben, birgt Risiken. Doch passt eine offene Stelle tatsächlich perfekt auf das eigene Profil, sollte man sich die Chance nicht entgehen lassen. Schließlich geht es um die berufliche Zukunft – und wenn man ein paar Regeln beachtet, lassen sich Stolperfallen umgehen.

Wer sich im eigenen Unternehmen verändern will, sollte einen guten Draht zur Personalabteilung aufbauen, empfiehlt etwa Jürgen Below, Geschäftsführer der Personalberatung Kienbaum Berlin: „Wenn man dort einen Vertrauten hat, kann man ihm gegenüber seine Ambitionen kundtun und bekommt Informationen, wo eine Stelle frei wird“, sagt er. Man erfährt auch, ob eine Stelle nur pro forma ausgeschrieben wurde und bereits ein Wunschkandidat feststeht. Von Initiativbewerbungen allerdings rät er ab: „Das kann peinlich wirken.“

Bevor man eine Bewerbung verschickt, sollte man den zukünftigen Vorgesetzten um ein Gespräch bitten. So könne man vorab klären, ob eine Bewerbung sinnvoll ist, man die notwendigen Qualifikationen mitbringt und ins Team passt. Signalisiert der Chef in spe seine Zustimmung, kann man die Bewerbungsunterlagen zusammenstellen. Ein vertrauliches „Hallo Bernd“ als Anrede sei aber tabu. „Schließlich muss man damit rechnen, dass nicht nur Bernd, sondern auch andere das Anschreiben lesen“, sagt Below.

„Wir erleben häufig, dass interne Bewerbungen nach dem Motto ‚Die kennen mich ja alle und wissen auch, was ich den lieben langen Tag so tue‘ verfasst werden“, berichtet Karriereexperte Christian Püttjer. Diese Strategie führe aber ins Aus. Oft wisse nicht einmal der direkte Vorgesetzte, welche Erfolge in der Vergangenheit erzielt und welche Aufgaben täglich bewältigt werden. Zusätzlich zum Anschreiben und einem tätigkeitsbezogenen Lebenslauf kann der Bewerber eine Leistungsbilanz, also eine Extraseite mit erfolgreichen Projekten, beifügen.

Beim Technologiekonzern Siemens etwa erfolgt die interne Bewerbung online mit einem Anschreiben, dem aktuellen Lebenslauf sowie den wichtigsten Zeugnissen. Dabei empfiehlt Personaler Reiner Kinner eine Auswahl der wichtigsten Dokumente. Die Bewerbungsmappe sollte den Rekruter nicht durch ihren Umfang erschlagen. „Der Lebenslauf sollte mit der aktuellen Position beginnen. Im Anschreiben sollte überzeugend dargestellt werden, warum man die neue Position anstrebt“, erklärt Kinner.

Im Kollegenkreis gilt es, mit der Nachricht, dass man wechseln möchte, nicht hausieren zu gehen. „Das ist Privatsache“, sagt Below. Seinem aktuellen Chef hingegen sollte man die Pläne nicht vorenthalten. „Der eigene Vorgesetzte ist oft entsetzt, wenn man sich intern bewirbt. Schließlich verliert er dann einen bewährten, vielleicht sogar den besten Mitarbeiter“, sagt Christian Püttjer. Trotzdem muss er über den Wechselwunsch rechtzeitig informiert werden. „Sonst könnte die bisher produktive Stimmung am Arbeitsplatz umkippen. Und das wäre besonders dann ärgerlich, wenn es mit dem Wechsel nicht geklappt hat.“

„Als interner Bewerber hat man den großen Vorteil, das Unternehmen sehr gut zu kennen“, sagt Personalberater Below. Diesen Heimvorteil sollte man nutzen und vor dem Bewerbungsgespräch möglichst viele Informationen über die ausgeschriebene Tätigkeit sammeln, so dass man sachlich überzeugen und begründen kann, warum die Position zu den eigenen Fähigkeiten und dem persönlichen Karriereweg passt.

Vor sogenannten Stressfragen bleiben im Bewerbungsgespräch auch interne Bewerber nicht verschont. „Von ‚Wo sehen Sie Ihre Schwächen?‘ bis hin zu ‚Müssen wir damit rechnen, dass Sie die Firma verlassen, wenn Sie die Stelle dieses Mal nicht bekommen?‘ ist alles möglich“, sagt Karriereexperte Püttjer. Darauf kann man diplomatisch reagieren oder selbstbewusst antworten: „Ich habe meine beruflichen Erfahrungen in den letzten Jahren ständig ausgebaut, und wünsche mir, dass die Firma dies auch registriert.“

In keinem Fall sollte man arrogant wirken, rät Püttjer. „Vor Sätzen wie ‚Sie wissen ja alle, was ich mache!‘ oder womöglich sogar ‚Sie kennen meine guten Leistungen, sonst hätte man mich ja heute nicht eingeladen‘ kann ich nur dringend warnen.“ Stattdessen sollte man für das Gespräch eine kurze Präsentation seines Werdegangs vorbereiten, die direkt auf die ausgeschriebene Position führt.

Hat man Erfolg und bekommt den Job, rät Below, die Arbeit in der alten Abteilung professionell und bis zuletzt mit vollem Einsatz zu Ende zu bringen.

Bedeutet die neue Position, dass man plötzlich ehemaligen Kollegen vorgesetzt ist, rät Püttjer sich besonders in Konfliktfällen kollegial zu verhalten. „Wer führt, muss aber immer mit plötzlichem Gegenwind rechnen und dann souverän reagieren. Im Zweifel helfen gezielte Vieraugengespräche mehr als allgemein gehaltene ‚Predigten‘ in der Abteilungsrunde.“

Bekommt man eine Absage, sollte man sie nicht persönlich nehmen, sagt Kinner von Siemens. „Bei der nächsten Gelegenheit kann man sich erneut bewerben.“

Die Absage muss nicht zwingend einen Gesichtsverlust bedeuten, meint auch Karriereexperte Püttjer. „Die Botschaft ‚Ich will beruflich noch mehr erreichen‘ wird im Unternehmen auf jeden Fall aufmerksam registriert.“

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