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Autoindustrie: Zwei Schwergewichte Russlands mit Interesse an Opel

Es sind in jeder Hinsicht ungleiche Partner, die sich für Opel interessieren. Mit 31 Prozent wollen sich zwei Schwergewichte der russischen Wirtschaft bei dem Autohersteller einkaufen: Die Sberbank und Gaz.

Moskau – Das Kürzel Gaz steht für Gorkowski Awtomobilny Zawod – einen Giganten mit Sitz in der Wolgastadt Nischni Nowgorod, der zu seinen besten Zeiten fast alles produzierte, was Räder hat: Von Autos der Typen Wolga und Pobeda über Geländewagen, Transporter und Lkw bis hin zu Bussen und Panzern. Der erste Laster lief bereits 1932 vom Band. Die Lizenz dafür hatte die Sowjetregierung drei Jahre zuvor von Ford gekauft. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Gaz ausschließlich für die Armee. Auch die damals produzierten Fahrzeuge waren Weiterentwicklungen von Ford-Modellen.

Erst nach dem Krieg baute Gaz Fahrzeuge, die die Russen selbst entwickelt hatten. 1971 kam der Gaz-14 auf den Markt, besser bekannt unter dem Namen Tschaika: eine schwere und extrem lange Luxuslimousine, mit der sich Spitzenpolitiker kutschieren ließen. Der letzte Tschaika rollte 1988 vom Band, der letzte Wolga 2004. Der zusammen mit Chrysler produzierte Nachfolger Wolga Siber floppte. Erfolgreicher war das Unternehmen mit neuen Geländewagen und Transportern wie Gazel, die seit Mitte der 90er Jahre produziert werden. Sie sind extrem robust und verzichten auf technischen Schnickschnack. Halbwegs versierte Fahrer können viele Pannen deswegen auch mitten in der Steppe allein beheben. Trotz hohen Spritverbrauchs – bis zu 20 Liter auf 100 Kilometer – fanden der Gazel und andere, auf dieser Plattform basierende Modelle, daher nicht nur in Russland, sondern auch in den anderen UdSSR-Nachfolgestaaten reißenden Absatz.

Die Exporte dorthin brachen in den letzten Monaten jedoch fast vollkommen weg. Gaz will daher im Mai nur maximal 5000 Fahrzeuge produzieren und hat die Fertigung erst mal eingestellt. Die Montagebänder sollen erst am 12. Mai wieder laufen. Die Belegschaft bekommt bis dahin nur zwei Drittel des Lohnes.

Oleg Deripaska, zu dessen Gemischtwarenladen auch Gaz gehört – steht selbst kurz vor der Pleite. Noch im vorigen Jahr reichster Mann Russlands mit einem geschätzten Vermögen von mehr als 40 Milliarden Dollar, musste er bereits viele Beteiligungen abstoßen. Experten zweifeln daher an seinen Bestandsgarantien für die Opel-Werke.

Der zweite russische Interessent – die staatsnahe Sberbank, deren Stammkapital sich auf 2,8 Milliarden Dollar beläuft - ist da erheblich besser aufgestellt. Aus dem sowjetischen Sparkassenverband hervorgegangen, übernahm die Sberbank auch dessen insgesamt 19 000 Filialen. Das börsennotierte Unternehmen, das über 225 000 Beschäftigte hat, ist daher von Kaliningrad bis Kamtschatka im Fernen Osten präsent und mit 250 Millionen Privat- sowie 1,3 Millionen Geschäftskunden die mit Abstand größte Bank in Osteuropa.

Die Sberbank hält 62 Prozent aller bei russischen Banken deponierten Einlagen und 29 Prozent des Vermögens aller Banken. Allein die russische Banken- und Finanzkrise im August 1998 bescherte der Sberbank mehrere Millionen Neukunden. Während private Geldhäuser – darunter auch die ganz Großen der Branche – reihenweise in die Knie gingen, weil sie sich verspekuliert hatten, überstand die Sberbank die Krise bestens und mit einem größeren Kundenstamm als zuvor.

Zwar verloren auch die Anteilscheine des seit 1997 börsennotierten Kreditinstituts durch die gegenwärtige Krise zeitweilig bis zu 60 Prozent und stürzten schneller als andere Werte ab. Gegenwärtig gehören die Sberbank-Aktien jedoch zu denjenigen, die sich am schnellsten wieder erholen. Analysten gehen davon aus, dass der Anteil fauler Kredite bei der Sberbank deutlich unter zehn Prozent liegt – obwohl auf sie 32 Prozent aller Kredite für Geschäftskunden und knapp die Hälfte aller Darlehen für private Kunden entfallen. Elke Windisch

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