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Wirtschaft: Autokonzerne tricksen die EU aus

Trotz der Liberalisierung des Handels werden Neuwagen teurer – denn die Hersteller nutzen Modellwechsel zu Preiserhöhungen

Frankfurt (Main) (hof/HB). Auf die versprochenen Preissenkungen für Neuwagen können die deutschen Autokäufer wohl lange warten. Die von der Europäischen Kommission angeschobene Handelsliberalisierung mit der Angleichung der Nettopreise innerhalb Europas findet zwar statt. Aber entgegen den Erwartungen in Brüssel orientieren sich die Konzerne dabei nicht am Preisniveau der „Billigländer“ wie etwa den Niederlanden, sondern an bereits hohen Preisen auf Märkten wie Deutschland. „Der Schuss der Kommission ist nach hinten losgegangen“, resümiert Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft in Nürtingen.

Um die Nettopreise in Billigländern anzuheben, nutzen die Automobilhersteller vor allem Modellwechsel. Denn diese Methode ist die elegantere, sie fällt weniger auf als Preiserhöhungen bei bestehenden Modellen. Doch auch das bleibt nicht aus. Die Dänen scheinen zu ahnen, was auf sie zukommt, nachdem Renault im September Preiserhöhungen von 6,5 Prozent ankündigte. Seither erlebt die Autobranche in dem Land einen regelrechten Boom: Im September wurden in Dänemark fast 30 Prozent mehr Fahrzeuge neu zugelassen als im September vor einem Jahr. Für 2002 beträgt das Plus insgesamt fast 16 Prozent – bei einem durchschnittlichen Minus in Europa von 3,7 Prozent.

Für den Autokäufer in Deutschland wird sich vorläufig nicht viel ändern. Es sei denn, er hat in der Vergangenheit die hohen Differenzen ausgenutzt und sein Auto in einem der Billigländer gekauft. Dort – wie das Beispiel Dänemark zeigt – waren die Wagen aber nur beim Export billig. Denn während in Deutschland lediglich die Mehrwertsteuer von 16 Prozent auf den Nettopreis aufgeschlagen wird, müssen die Dänen bei luxuriösen Autos Steueraufschläge von mehr als 200 Prozent verkraften. Und sie werden nun durch die Angleichung der Nettopreise zusätzlich belastet. Mittelfristig rechnen Marktbeobachter zwar damit, dass die Steuern in Ländern mit extrem hoher Belastung sinken werden. Doch vorläufig zahlen die Käufer den exorbitanten Steueraufschlag nun sogar auf höhere Nettopreise.

Dass kein Automobilhersteller es sich leisten will und kann, die Preise auf den großen Märkten in Deutschland oder Frankreich nach unten anzupassen, liegt auf der Hand: „Die Nachfrage in Dänemark entspricht schließlich der einer größeren deutschen Stadt“, beschreibt Philipp Rosengarten, Automobilanalyst bei DriWefa das Verhältnis. In Zahlen ausgedrückt: Bis September kamen in Dänemark gut 85 000 Autos neu auf die Straße, in Deutschland waren es im gleichen Monat 2,5 Millionen.

Premiumhersteller haben mit der Harmonisierung kaum Probleme. Da ihre Produkte weniger preissensibel sind, fielen die Unterschiede schon immer gering aus. So hat BMW bei der Einführung der neuen 7er-Baureihe die Nettopreise ebenso vereinheitlicht wie Mercedes bei der S-Klasse oder Audi beim A8. „Klares Ziel ist es, die bestehenden Unterschiede auszugleichen“, bestätigte ein BMW-Sprecher. Es könne zwar in dem einen oder anderen Fall zu leichten Preissenkungen kommen, „doch im europäischen Mittel werden die Autos in der Tendenz eher teurer“, sagte der Sprecher.

Bei Volkswagen in Wolfsburg ist die Marschroute die gleiche. So kommt nach dem Flaggschiff Phaeton auch der Luxus-Geländewagen Touareg, beides Premiumangebote, europaweit zu einem einheitlichen Nettopreis auf den Markt. Aber auch beim Minivan Touran, der auf der Plattform des neuen Golf V für den Massenmarkt bestimmt ist, will VW das Konzept testen: Die Preisdifferenz soll nur noch minimal ausfallen. Beim neuen Polo, seit 2001 auf dem Markt, fühlte VW schon einmal vor: Die Preislücke verringerte sich auf rund zehn Prozent. Zum Vergleich: Ein Golf IV war im Frühjahr laut EU in Dänemark netto noch 27 Prozent billiger als in Deutschland.

Beim neuen Golf, der 2003 auf den Markt kommt, soll auch das anders sein: „Wir werden mit jedem neuen Modell die Preise weiter harmonisieren“, hat VW-Vertriebschef Robert Büchelhofer bereits angekündigt. Bei der Opel-Mutter General Motors hält man sich noch bedeckt. Erst einmal soll die Konkurrenz beobachtet werden, heißt es in der Züricher Zentrale. Da die Konkurrenz unter anderem VW heißt, ist die Richtung klar. Gleiches gilt auch für Ford in Köln, wo man zumindest das Ziel formuliert hat, „die Preisunterschiede unter Berücksichtigung des Wettbewerbs zu verringern“.

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