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Bratzel

© dpa

Autokrise: "In der Krise werden Sieger gemacht"

Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach, spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über die Zuspitzung der Autokrise.

Herr Bratzel, wie ernst ist die Lage bei Daimler?



Die Lage ist ernst, weil Daimler doppelt in die Krise geraten ist – im Geschäft mit teuren Premiumautos und gleichzeitig im Lkw-Geschäft. Das ist eine große Belastung, auch für die Liquidität. Aber ich warne vor Panik. Daimler hat die Probleme identifiziert und will Schritte zur Kostensenkung einleiten. Das wird die Bewährungsprobe für Dieter Zetsche. In der Krise werden die Sieger gemacht.

Kommt sein Sparkurs nicht zu spät?

Daimler hat zu spät realisiert, wie scharf diese Krise ist und dass harte Schnitte notwendig sind. Man hat zu lange auf die Wirkung weicher Maßnahmen gehofft, etwa den Abbau von Arbeitszeitkonten und Kurzarbeit. Außerdem wurde zu wenig im Kleinwagensegment getan. Stattdessen ist viel Geld bei Chrysler verbrannt worden, das heute fehlt.

Ist die Trennung von dem US-Konzern nun ein später Befreiungsschlag?


Die Lasten werden ja nicht sofort abgeworfen. Ein paar hundert Millionen Euro, die Daimler wegen Chrysler künftig noch tragen muss, zählen in der Krise doppelt.

Erst vor anderthalb Jahren hat Daimler sein letztes, milliardenschweres Sparprogramm „Core“ abgeschlossen. Hat es seine Wirkung verfehlt?

Wenn Daimler „Core“ nicht gehabt hätte, wäre der Konzern noch gefährdeter. Dank „Core“ hat man 2008 immerhin schwarze Zahlen geschrieben. In der Autoindustrie müssen Prozesse ständig optimiert werden. Da reicht ein Sparprogramm nicht aus – zumal bei einem Hersteller wie Daimler, der nicht mehr großartig wächst.

Kann Daimler mit 1,3 Millionen verkaufter Autos langfristig überleben?

Die Frage ist, ob es sich Daimler auf Dauer leisten kann, ein reiner Premiumhersteller zu bleiben. Das gilt auch für BMW. Das VW-Modell zeigt, wie man im Autobau auf seine Kosten kommt. Deshalb müssen Daimler und BMW nicht unbedingt fusionieren. Aber beide brauchen Volumen, vor allem auf den wachsenden Märkten in Asien. Daimler sollte prüfen, ob man sich mit einem guten chinesischen Massenhersteller zusammentut.

Stefan Bratzel ist Leiter des Center of Automotive an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach. Mit ihm sprach Henrik Mortsiefer.

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