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Automobilindustrie: Zulieferer bangen um ihre Existenz

Den Autozulieferern steht ein schmerzhafter Ausleseprozess bevor. Auf den schnellen Einbruch an den Automärkten wird nach ihrer Einschätzung nur ein sehr langsamer Aufschwung folgen.

Gleichzeitig müssen neue und teure Spritspartechnologien sowie elektrische Antriebe entwickelt und Märkte wie China erschlossen werden. Experten sprechen von der schwersten Krise in der Geschichte der Branche. Bereits jetzt sind 40 große Zulieferer – darunter so bekannte wie Edscha oder Karmann – insolvent, bis Jahresende könnten es doppelt so viele sein.

Die Nummer drei im deutschen Markt, ZF Friedrichshafen, verschärft ihr Sparprogramm. Um 600 Millionen statt wie geplant 500 Millionen Euro sollen die Kosten jährlich sinken. „Wir brauchen finanzielle Spielräume, um auch künftig frei und selbstständig unternehmerische Entscheidungen treffen zu können“, sagt Vorstandschef Hans-Georg Härter. Auch Kolbenspezialist Mahle hat angekündigt, die Kosten um 20 Prozent zu senken. Experten erwarten auch beim Weltmarktführer Bosch, der 2009 erstmals seit Kriegsende Verlust schreiben wird, eine Verschärfung des Sparkurses. „Wir rechnen mit einem Nike-Verlauf in der Autokonjunktur“, erklärt Mahle- Chef Heinz K. Junker in Anspielung auf das Logo des Sportartikelherstellers. Der Nike-Haken führt nach einem kurzen steilen Abwärtsstrich nur sehr flach wieder nach oben.

„Im Zweifel müssen definitiv mehr als weniger Kapazitäten abgebaut werden“, sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive in Bergisch Gladbach. Gemeinsam mit den Beratern von Management Engineers hat er die 100 größten Zulieferer weltweit untersucht. Trotz der Kapitalstärke deutscher Zulieferer zeichnet er ein düsteres Bild. „Kurzarbeit wird bei vielen deutschen Zulieferern nicht ausreichen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen; mit Personalabbau von zehn bis 15 Prozent ist dauerhaft zu rechnen“, stellt Bratzel in der Studie fest, die dem „Handelsblatt“ exklusiv vorliegt.

Auch Mahle-Chef Junker gibt zu bedenken: „Kurzarbeit wirkt derzeit wie Valium-Tabletten.“ Er sieht die Lage der Autoindustrie kritischer als so mancher Autokonzern. „Das Problem der Überkapazitäten ist strukturell“, sagt Junker. Möglicherweise werde es bis 2014 oder 2015 dauern, um das Produktionsniveau von 2007 wieder zu erreichen. Nach Junkers Worten werden weltweit dieses Jahr noch weniger Autos abgesetzt, als in den düsteren Prognosen angenommen. Waren die Erwartungen zuletzt von 66 auf 57 Millionen verkaufte Fahrzeuge gefallen, hält Junker 52 Millionen für realistisch.

Das drückt die deutsche Zulieferindustrie mit 1000 Unternehmen und 328 000 Beschäftigten in die schwerste Krise ihrer Geschichte. „Die wichtigsten Zulieferer weltweit haben im ersten Halbjahr 2009 im Schnitt Einbußen von fast 30 Prozent verzeichnet“, sagt Stefan Bratzel. Am Jahresende werde mindestens ein Minus von 25 Prozent stehen. (mwb/mcs/HB)

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