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Wirtschaft: "Autonomie am Arbeitsplatz senkt den Krankenstand"

Was Firmen für ihre Mitarbeiter tun können Friedrich Hauss von der Unternehmensberatung "Brain-Tools" berät Kleinbetriebe bei Problemen mit dem Krankenstand.Mit Hauss sprach Karen Wientgen.

Was Firmen für ihre Mitarbeiter tun können Friedrich Hauss von der Unternehmensberatung "Brain-Tools" berät Kleinbetriebe bei Problemen mit dem Krankenstand.Mit Hauss sprach Karen Wientgen. TAGESSPIEGEL: Was raten Sie einem Unternehmen, das seinen Krankenstand senken will? HAUSS: Als allererstes sollte es die Ursachen herausfinden.Dies ist zum einen für die Erkenntnisgewinnung wichtig.Möglicherweise liegt die Fehlzeitenquote im Branchendurchschnitt und es besteht kein Grund zur Aufregung.Zum anderen ist eine genaue Analyse der Ursachen wichtig, damit die betrieblichen Maßnahmen so effizient wie möglich eingesetzt werden können.Allgemein gilt: Pauschale Rezepte gibt es nicht.Da jeder Betrieb anders ist, lassen sich erfolgreiche Praktiken eines Unternehmens nur schwer auf andere übertragen. TAGESSPIEGEL: Ist nicht die Fehlzeitenquote ein Indikator für betriebliche Mißstände, etwa eine negative Unternehmenskultur? HAUSS: Nein, das kann man nicht generell sagen.In vielen Bereichen, zum Beispiel bei Reinigungskräften, ist ein hoher Krankenstand durch die körperliche Belastung zu erklären.Mit Firmenkultur kann man dort wenig ausrichten, hingegen mit ergonomiebezogener Technik und Organisation, um die einseitigen Belastungen zu verringern.Anders sieht es bei mehr intellektuellen Tätigkeiten aus.Hier ist es meiner Ansicht nach ganz entscheidend, die Autonomie des Einzelnen zu fördern.Die Freude an der Arbeit muß freigesetzt werden - und die ist in der Bevölkerung durchaus vorhanden.Autonomie senkt den Krankenstand und umgekehrt erhöht ihn ein Mangel an Autonomie. TAGESSPIEGEL: Wovon hängt denn Autonomie ab? HAUSS: Zunächst von Organisationsstrukturen, in denen das Wort des Einzelnen zählt.Zweitens muß der Arbeitnehmer flexibel über seine Zeit verfügen können, etwa frei entscheiden, wann er kleine Pausen macht.Drittens müssen die Vorgesetzten die Autonomie der Untergebenen auch anerkennen und sie zudem als Menschen respektieren.Ein vierter Aspekt sind die technischen und ergonomischen Bedingungen.Auch schwere körperliche Belastungen oder nicht adäquate Hilfsmittel zwingen mich in ein System hinein, das die Autonomie verringert und zu einem hohen Krankenstand führen kann. TAGESSPIEGEL: Nicht nur Wissenschaftler meinen, daß Gruppenarbeit den Krankenstand senkt... HAUSS: Gruppenarbeit ist kein Allheilmittel und schränkt meistens die Autonomie des Einzelnen ein.Er muß mehr Rücksicht auf andere nehmen.Deshalb lehnen viele Beschäftigte Gruppenarbeit ab.Allerdings sehe ich ein, daß Gruppen die Produktqualität und die Effizienz der Produktion erhöhen können. TAGESSPIEGEL: Unternehmen Berliner Betriebe genug in Sachen Krankenstandssenkung? Was läuft eventuell falsch? HAUSS: Ersteinmal gilt, daß viele Betriebe keine Probleme mit dem Absentismus haben.Schlecht ist es noch um den gesamten öffentlichen Bereich bestellt, wo wir es mit Personalführungs- und Motivationsproblemen zu tun haben.In Seminaren habe ich erlebt, daß gestandene Männer geheult haben, weil sie überhaupt keinen Sinn in ihrer Arbeit gesehen haben.Untersuchungen in Gesundheits- und Sozialämtern ergaben, daß nur eine Minderheit wußte, was sie tat. TAGESSPIEGEL: Um wieviel Prozent senken betriebliche Maßnahmen erfahrungsgemäß den Krankenstand? HAUSS: Dazu kann man keine Aussagen machen.Manche Betriebe bemühen sich ernsthaft und haben letztendlich einen höheren Krankenstand.Andere erzielen mit vergleichsweise wenig Aufwand gute Erfolge.Es kommt sehr darauf an, daß die Lösung zum Betrieb paßt.

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