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Wirtschaft: Azubi in Teilzeit

Vor allem für junge Eltern ist die Lehre mit verkürzter Arbeitszeit attraktiv.

Im Hotel Cristal nahe der Münchner Theresienwiese herrscht Hochbetrieb. Natalie Wilhelm ist in der Küche im Einsatz. Sie hat früher Schluss als ihre Kollegen, denn die Auszubildende arbeitet nur 30 Stunden in der Woche. Doch zu Hause geht ihr Dienst weiter: Die 24-Jährige ist alleinerziehende Mutter zweier Söhne, acht und sechs Jahre alt.

„Das ist schon manchmal anstrengend“, gibt die junge Frau offen zu: „Aber ich werde das schaffen.“ Am Ende der zwei Jahre darf sie sich „Fachkraft im Gastgewerbe“ nennen. Eine Weiterqualifikation zur Hotelfachfrau ist möglich. Die Teilzeitausbildung sieht Natalie Wilhelm als Riesenchance: „Ich hätte nie gedacht, dass ich mit zwei Kindern doch noch meinen Traumberuf machen könnte.“ Der Einstieg ins Berufsleben ist für junge Mütter nach wie vor nicht selbstverständlich. Fast 47 Prozent aller Mütter zwischen 18 und 24 Jahren waren 2011 ohne Berufsabschluss und besuchten weder eine Schule, noch absolvierten sie eine duale Ausbildung. Viele bleiben nach der Geburt des Kindes erst mal drei Jahre zu Hause.

Danach wird es immer schwieriger, einen bestimmten Berufswunsch zu verwirklichen. Doch weil das Personal knapper wird, stellt die Teilzeitausbildung auch für die Betriebe eine Chance dar.

„Die jungen Leute sind überdurchschnittlich motiviert und bringen viel Verantwortungsgefühl mit“, sagt Annette Land, die sich als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Projekt Jobstarter des Bundesinstituts für Berufsbildung mit dem Thema Teilzeitausbildung befasst. Studien belegen: Teilzeitauszubildende brechen ihre Lehre seltener ab als Vollzeitauszubildende ohne Erziehungspflichten, sie unterbieten diese auch bei Fehlzeiten und schaffen bessere Abschlussnoten. Dennoch ist der Anteil der Teilzeitazubis sehr gering. Im Jahr 2011 lag deren Quote bei 0,2 Prozent aller Lehrverträge. Lange galten junge Mütter bei den Jobcentern als schwer zu vermitteln. „Dabei sollte die Teilzeitausbildung dort ein Regelangebot sein“, meint Land.

Aber auch die Unternehmen müssen umdenken. Nicht in jeder Branche liegt das Teilzeitkonzept so nahe wie im Hotelfach: „Für uns bietet sich die Teilzeitausbildung geradezu an“, sagt die Münchner Hotelchefin Kathrin Wickenhäuser: „Sogar die Zeiten, wo bei uns viel Betrieb ist, sind gut abgedeckt.“ Vor allem kleinere und mittlere Betriebe setzen das Modell in die Tat um. „Diese Arbeitgeber sind einfach flexibler“, sagt Land. Die meisten Teilzeitausbildungsplätze sind außer im öffentlichen Dienst bei Freiberuflern und bei IHK-Berufen entstanden. Das Handwerk tut sich eher schwer: Wenn ein Betrieb zum Beispiel auf Montage fährt, ist Teilzeit kaum realisierbar.

Je mehr Beratung es in einer Region gibt, desto höher ist die Teilzeitquote. Fördermittel gibt es von Bund, Ländern und dem Europäischen Sozialfonds. In den reichen Ländern Bayern und Baden-Württemberg kam es jüngst zu einem Schub, da die Betriebe händeringend Nachwuchs suchen. Für die Idee mit der Teilzeitausbildung seien sie dankbar: „Viele hatten das nicht auf dem Radar“, sagt Josef Amann, Leiter des Bereichs Ausbildung an der IHK München und Oberbayern. Anke Sauter/epd

www.jobstarter.de

Anke Sauter, epd

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