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Wirtschaft: Bahn legt neue Projekte auf Eis

Im Budget 2004 werden keine Bundeszuschüsse berücksichtigt – Konzern erwartet trotzdem besseres Ergebnis

Berlin (hop/fo). Die Deutsche Bahn wird vorerst keine neuen Infrastrukturprojekte beginnen. Das sagte der Chef der Bahngewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, dem Tagesspiegel am Mittwoch. Grund sind die fehlenden Zusagen des Bundes, wie hoch die Investitionszuschüsse 2004 ausfallen werden. Der Aufsichtsrat (siehe Lexikon) des Konzerns verabschiedete das Budget für das kommende Jahr trotzdem, wie die Bahn mitteilte. Die überarbeitete Mittelfristplanung für die Jahre 2005 bis 2008, die ebenfalls präsentiert wurde, nahm das Kotrollgremium wegen der herrschenden Unsicherheiten „nur zur Kenntnis“.

TransnetChef Hansen sagte: „Bund und Bahn müssen dafür sorgen, dass spätestens im kommenden März eine belastbare Planung vorliegt.“ Andernfalls drohe der Stopp bei Bauarbeiten an Infrastrukturprojekten, die sich nicht direkt negativ auf den Umsatz niederschlagen würden, zum Beispiel beim neuen Berliner Hauptbahnhof. Bisher habe die Bahn zwei Milliarden Euro aus Eigenmitteln für Investitionen in das Budget 2004 eingestellt. Doch allein für den laufenden Erhalt des bestehenden Netzes seien 2,5 Milliarden Euro nötig. Hansen sagte, die Gefahr sei groß, dass die Bundeszuschüsse – nach Abschluss der Diskussionen – unter die Marke von drei Milliarden Euro rutschen werden. Bisher liegen sie bei etwa vier Milliarden Euro. Kürzungen hießen, „dass dann nichts mehr für Neubauprojekte da ist“. Bund und Bahn wollen im kommenden März über die Finanzierung von Großprojekten sprechen, sagte Margareta Wolf, Staatssekretärin im Bundesumweltministerium und Mitglied des Aufsichtsrats, dem Tagesspiegel.

Allein die Einnahmeausfälle bei der Maut und die Etatkürzungen wegen der Rentenbeschlüsse werden die Bahn aber laut einer internen Streichlist des Verkehrsministeriums mit insgesamt 513 Millionen Euro belasten.

Trotz der drohenden Einschnitte bei den Investitionen will die Bahn ihr Ergebnis in den kommenden Jahren deutlich verbessern. Der Konzern teilte mit, der Betriebsverlust nach Zinsen werde im laufenden Jahr bei etwa 200 Millionen Euro liegen – etwas besser als bisher geplant. In den vergangenen Tagen war außerdem bekannt geworden, dass der Konzern weiterhin mit schwarzen Zahlen für 2004 rechnet. Zuletzt hatte die Bahn von den Gewerkschaften gefordert, zur Stärkung des Unternehmens in der besonders defizitären Sparte Fernverkehr auf die im kommenden Jahr geplante Gehaltserhöhung zu verzichten. Die Pläne seien jedoch jetzt vom Tisch, teilte die Gewerkschaft Transnet mit.

Albert Schmidt, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, bezeichnete die Pläne der Bahn als „unseriös und illusionär“. Wie im Vorjahr versuche Bahnchef Hartmut Mehdorn, sich die Welt schön zu rechnen. Schmidt kritisierte neben den ursprünglich geplanten Investitionssummen auch die Umsatz- und Ergebnispläne bis zum Jahr 2008. „Ich habe den Eindruck, dass die mittelfristige Finanzplanung der Bahn auf einen Börsengang hingebogen werden soll“, sagte Schmidt dem Tagesspiegel.

Transnet-Chef Hansen, der auf die Überarbeitung der Mittelfristplanung der Bahn gedrängt hatte, hielt sich mit Kritik zurück. In der bisherigen Planung hatte die Bahn mehr Bundeszuschüsse eingebucht, als in Aussicht gestellt worden waren. „Diese Fehler hat man jetzt vermieden“, sagte Hansen. Trotzdem gelte aber: „Die Ergebnisplanung bleibt ambitioniert. Letztlich ist das aber eine Glaubensfrage.“ Er kündigte an, dass sich die Gewerkschaften bei den zukünftigen Quartalszahlen sehr genau anschauen würden, ob die Bahn ihre Ziele tatsächlich erreicht.

Einen Erfolg konnte der Konzern jedenfalls am Mittwoch bereits verbuchen: Der Aufsichtsrat genehmigte den Verkauf der beiden Logistiktöchter Brenntag und Interfer für 1,4 Milliarden Euro an den US-Finanzinvestor Bain Capital.

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