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© dpa

Bahn-Privatisierung: Sarrazin: "Eigentum muss gut gemanagt werden"

Berlins Finanzsenator sprach mit dem Tagesspiegel über die Privatiserungspläne bei der Bahn und das Geheimnis eines guten staatlichen Unternehmensmanagements.

Herr Sarrazin, was halten Sie vom Kompromiss zur Bahn-Privatisierung?

Der Bund hat richtig entschieden: Die Infrastruktur bleibt dauerhaft im Staatseigentum, nur an der Betriebs-Holding können 24,9 Prozent private Investoren beteiligt werden. Das ist unschädlich, da eine solche Minderheitsbeteiligung keine maßgeblichen Mitwirkungsrechte mit sich bringt. Ich persönlich glaube, dass man auf längere Sicht den Personenverkehr anders behandeln muss als den Güterverkehr und die Logistik, letztere sind sicher nicht Staatsaufgabe.

Was sagen Sie zur Privatisierungspolitik der vergangenen Jahre in Deutschland?

Der Staat muss keine Industriebetriebe vorhalten, auch keine Banken – die Sparkassen sind ein anderes Thema. Es ist aber problematisch, wenn Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge privatisiert werden, die nicht marktwirtschaftlich aufgestellt sind. Wo kein gesunder Wettbewerb herrscht, werden dann nur staatlich subventionierte Renditen an Private übertragen.

Deshalb die Frage: Halten sich Bund und Länder an solche Kriterien?

Es war richtig, dass sich der Bund vom Volkswagenwerk, der VEBA, von Salzgitter oder der Telekom getrennt hat. Es wäre auch gut, wenn die Post in den Wettbewerb entlassen wird. Ob kommunale Versorgungsunternehmen privatisiert werden müssen, da habe ich Zweifel.

Genau das hat Berlin seit Mitte der 90er Jahre getan. Bewag und Gasag wurden komplett verkauft, die Wasserbetriebe zur Hälfte. War das also ein Fehler?

Heute sieht man: Die inzwischen sanierte Bewag oder Gasag leisten für den privaten Eigentümer einen viel höheren Wertbeitrag als es dem damaligen Verkaufspreis entsprach. Aber: Hätte sich Berlin wirklich die Kraft zugetraut, die nötigen Sanierungsentscheidungen bei den Versorgungsunternehmen selber zu treffen? Ich hätte es mir zugetraut, war damals aber nicht zuständig. Eigentum muss kompetent gemanagt werden. Das sieht man auch an der Bankgesellschaft Berlin, die ab 2002 vom Totenbett zum blühenden Erfolg geführt wurde. Dass wir die Bank 2006 verkaufen mussten, war schade, aber absolut richtig. Heute wäre der Preis von 5,3 Milliarden Euro wegen der Finanzmarktkrise nicht mehr erzielbar.

Weiteren Privatisierungen hat Rot-Rot in Berlin einen Riegel vorgeschoben. Gegen den Willen des Finanzsenators Sarrazin?

Dass etwa die Wohnungsbaugesellschaften mit 270 000 Wohnungen nicht verkauft werden, akzeptiere ich als politische Wertentscheidung. Das macht auch nichts, weil wir mit diesen Gesellschaften inzwischen eine Wertsteigerung erreichen, die für das Landesvermögen insgesamt mehr bringt als die Entlastung des Haushalts durch einen Verkauf.

Was ist das Geheimnis eines guten staatlichen Unternehmensmanagements?

Sich gute Manager auszusuchen und dem Vorstand klare, aber begrenzte Aufgabenstellungen zu geben. Dann ist es wichtig, den Aufsichtsrat kompetent zu besetzen und sich als öffentlicher Gesellschafter für das Unternehmen aktiv zu interessieren. Darüber hinaus sollte jede Einmischung aus dem politischen Raum ins operative Geschäft wirksam weggefiltert werden.

Das Gespräch führte U. Zawatka-Gerlach.

Thilo Sarrazin (SPD), ist seit dem 17. Januar 2002 Senator für Finanzen in Berlin.

Davor war Sarrazin bei der Deutschen Bahn, zuletzt als Mitglied des Vorstands der DB Netz AG.

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