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Wirtschaft: Bahn schießt Millionen in den Wind

Konzern gibt Bundesmittel nicht aus / Jetzt fließt das Geld in den Straßenbau

Berlin - Die Deutsche Bahn wird die Bundesmittel, die ihr für die Infrastruktur zur Verfügung stehen, in diesem Jahr nicht komplett verbauen . Wie der Tagesspiegel aus unternehmens- und ministeriumsnahen Kreisen erfuhr, geht es um 355 bis 364 Millionen Euro. Dieses Geld könnte nun für die Schiene verloren gehen und stattdessen in Straßenprojekte fließen.

Von Rot-Grün gab es deshalb scharfe Kritik an dem Konzern. Peter Danckert, Verkehrsexperte der SPD, sagte dem Tagesspiegel: „Es gibt bahnintern zu viel Bürokratie. Außerdem ist eine Strategie auf den Börsengang hin zu erkennen.“ Albert Schmidt, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, forderte eine Strukturreform bei der Bahn: „Wenn die Bahn es nicht schafft, die Bundesmittel zu verbauen, dann ist das ein Argument mehr, das Schienennetz wieder in die öffentliche Hand zu legen.“ Dann könne der Bund „endlich wieder über die Investitionen direkt entscheiden“, sagte Schmidt.

Der Bund steckt jährlich viel Geld in die Verkehrsinfrastruktur. Für den Erhalt, Aus- und Neubau von Schienenstrecken sind es in diesem Jahr 3,6 Milliarden Euro. Das Geld wird der Netz AG, der zuständigen Tochter der Deutschen Bahn, zur Verfügung gestellt. Einen bestimmten Eigenanteil muss die Bahn dann beisteuern. Streitpunkt zwischen Verkehrspolitikern und dem Konzern ist, ob bei dem anvisierten Börsengang des Unternehmens das Schienennetz teilweise mit privatisiert wird oder ob es doch komplett in Händen des Bundes bleibt. 2003 hatte es der Konzern geschafft, die Bundesmittel fast komplett zu verbauen. 2004 waren 286 Millionen Euro übrig geblieben – auch weil die endgültige Freigabe durch den Bund wegen langwieriger Haushaltsverhandlungen sehr spät erfolgt war. Zuletzt hatte Bahnchef Hartmut Mehdorn betont, die Investitionen des Konzerns würden etwa auf Vorjahresniveau liegen. Doch scheint dies nicht für die Infrastruktur zu gelten.

In diesem Jahr sieht die Politik bei sich keine Mitschuld. „Diesmal hat es nicht so lange gedauert wie 2004“, sagte Grünen-Verkehrsexperte Schmidt. Außerdem habe die Bahn schon früh gewusst, wie viel Geld sie bekommen würde, auch wenn die Vereinbarungen noch nicht alle abgeschlossen wurden. Der Verweis des Konzerns auf Verzögerungen beim Bund sei vorgeschoben. „Die Bahn steht auf der Investitionsbremse“, kritisiert Schmidt. Offenbar sollten Eigenmittel eingespart werden. SPD-Verkehrsexperte Danckert findet daher die Klagen der Bahn und des Interessenverbandes „Allianz pro Schiene“ über zu geringe Bundesmittel ärgerlich. Schmidt sagte, vor dem aktuellen Hintergrund sei es „fast absurd, dass mehr Geld für die Schiene gefordert wird“. Was mit den nun freien Mitteln geschieht, ist noch unklar. Danckert sagte, man werde das Geld sicherlich nicht an Finanzminister Hans Eichel zurückgehen lassen. Vielmehr favorisiert er, dass damit baureife Straßenprojekte finanziert werden.

Grünen-Politiker Schmidt warf der Bahn vor, ihr Verhalten sei „allmählich eine Verletzung des Willens des Gesetzgebers“. Schließlich seien die Investitionen von 3,6 Milliarden Euro für 2005 vom Bund beschlossen worden. Aus seiner Sicht sei noch nicht ausgemacht, dass die nicht abgerufenen Mittel nun in den Straßenbau fließen sollen. Es sei auch denkbar, dass das Verkehrsministerium die beschlossenen globalen Minderausgaben, die von den einzelnen Ministerien erbracht werden müssen, damit deckt.

Keine Hoffnung kann sich die Bahn offenbar machen, dass eine ähnliche Regelung wie 2004 angewandt wird. Da wurden die frei gewordenen Mittel zwar erst mal für Straßeninvestitionen umgewidmet. Dann war jedoch beschlossen worden, dass die Mittel von 2005 bis 2007 in Tranchen aufgeteilt für die Schiene zur Verfügung stehen sollen. Weder Schmidt noch Danckert erwarten, dass dies in diesem Jahr noch einmal geschehen wird.

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