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Wirtschaft: Bahn setzt auf die alte Karte

Konzern vereinfacht das Preissystem: Kunden können zwischen Bahncard und Frühbucher-Rabatten wählen

Berlin (brö). Die Deutsche Bahn baut ihr Preissystem erneut um. In Zukunft soll es wieder eine Bahncard mit 50 Prozent Rabatt geben. Außerdem fällt der Zwang weg, Züge bis zu sieben Tage im Voraus zu buchen. Damit reagiert der Staatskonzern auf die scharfe Kritik an den seit sechseinhalb Monaten gültigen neuen Tarifen. Das bisherige System sei „zu komplex“ gewesen“, räumte Konzernchef Hartmut Mehdorn ein. Politiker, Umwelt und Fahrgastverbände begrüßten die Vereinfachung.

Ab dem 1. August soll es ein zweigeteiltes System bei der Bahn geben: Rabatte bekommen Kunden entweder mit einer Bahncard oder indem sie mindestens drei Tage im Voraus einen Fahrschein kaufen und sich auf einen bestimmten Zug festlegen. Beide Systeme sind voneinander getrennt. Die wichtigste Neuerung ist dabei die Wiedereinführung der Bahncard mit 50 Prozent Rabatt, die im vergangenen Dezember abgeschafft worden war. Sie soll nun allerdings 200 Euro statt wie früher 140 Euro für die Zweite Klasse kosten. Senioren, Behinderte, Lehrlinge, Studenten und auch Lebenspartner bekommen die Karte bereits für 100 Euro. Mit ihr lassen sich auch die Mitfahrer- und Familienrabatte nutzen.

Neben der Bahncard 50 gibt es weiterhin die Bahncard 25. Sie soll nur noch 50 Euro kosten, zehn Euro weniger als bisher. Hinzu kommt die Bahncard 100 für Vielfahrer: Für 3000 Euro (früher: 3350 Euro) können sie ein Jahr lang ohne Beschränkung in der Zweiten Klasse fahren. Die Bahncard 25 rechnet sich nach Konzernangaben bereits bei jährlichen Ausgaben von 200 Euro für Tickets, die Bahncard 50 ab 600 Euro pro Jahr. Die 1,2 Millionen Kunden, die sich seit Dezember eine Bahncard 25 gekauft haben, können diese umtauschen und sich den Restwert anrechnen lassen. Das gilt auch für die Bahncards, die vor dem 15. Dezember gekauft wurden.

Eine Alternative zur Bahncard sollen die Frühbucher-Tickets sein. Dafür muss sich der Fahrgast allerdings wie bisher auf einen bestimmten Zug festlegen. Dafür soll es nur noch zwei statt drei Rabattstufen geben – mit 25 und mit 50 Prozent Ersparnis. Diese Ermäßigungen können mit anderen Rabatten nicht kombiniert werden – außer bei Kunden mit einer Bahncard 25. Außerdem müssen die entsprechenden Fahrscheine mindestens drei Tage vor Reiseantritt gekauft werden. Die hohen Stornogebühren hatte die Bahn bereits Ende Mai abgeschafft.

„Jetzt ist der Weg gefunden, den unsere Kunden mit ihrer Kritik wollten“, sagte Mehdorn. „Wir haben verstanden.“ Das alte System sei nicht akzeptiert worden, weil die Kombinierbarkeit der Rabatte und die drei verschiedenen Frühbucher-Tarife zu komplex gewesen seien, räumte der Bahnchef ein. Die Idee, in verkehrsreichen Zeiten höhere Preise zu verlangen, sei gescheitert. Nun wolle er erreichen, dass die Bahncard auch bundesweit in allen Verkehrsverbünden gelte und zu einer „Mobilitätskarte“ werde.

Mit den Änderungen reagiert die Bahn auf die anhaltende Kritik von allen Seiten. Ursprünglich hatte sie das System frühestens nach einem Jahr verändern wollen. Doch auf Grund der Kritik, zahlreicher Pannen und Verspätungen sowie der allgemein schlechten Wirtschaftslage war der Umsatz der Bahn in den ersten fünf Monaten des Jahres eingebrochen. Auch der Eigentümer Bund hatte den Vorstand unter Druck gesetzt.

Margareta Wolf von Bündnis 90/Die Grünen, Staatssekretärin im Umweltministerium und Mitglied im Aufsichtsrat der Bahn, sagte dem Tagesspiegel, nun werde sich das Image des Unternehmens wieder deutlich verbessern. Die Reform der Reform sei ein „Meilenstein“ und werde das Bahnfahren wieder einfach und attraktiv machen. Als nächstes müsse die Bahn Qualität und Service „mit mehr Speed“ verbessern. Nach Ansicht des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) kann die Bahn mit der Bahncard 50 und der verbilligten Netzkarte Stammkunden zurückgewinnen. Mit den Korrekturen sei „die Bahn preislich für die Kunden so attraktiv wie nie zuvor“, sagte BUND-Verkehrsexperte Tilman Heuser. Der VCD sprach von einem „Befreiungsschlag“ der Bahn nach dem dramatischen Rückgang der Fahrgastzahlen.

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