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Wirtschaft: Banker rufen das Ende der Baisse aus

Börsenexperten erwarten keine neuen Tiefststände – versprechen sich aber vom Dax nicht mehr viel

Düsseldorf/Frankfurt (Main) (rad/som/pot/HB). Mit einer optimistischen Grundstimmung gehen die Börsianer in die neue Woche. Schließlich haben die internationalen Aktienmärkte in der vergangenen Woche erneut zugelegt. Nichts war bisher davon zu spüren, dass der September traditionell einer der schlechtesten Börsenmonate ist. Stattdessen markierten der Dax und der EuropaIndex Stoxx 50 im Verlauf der letzten Woche neue Jahreshöchststände. Beide Indizes notieren jetzt wieder auf dem Niveau von Oktober 2002. Seit Jahresbeginn hat das Börsenbarometer fast 25 Prozent zugelegt. Seit den Tiefständen vom März beläuft sich das Plus sogar auf 63 Prozent.

Die DZ Bank hebt positiv hervor, dass die Aufwärtstrend nicht auf Sondereffekten einzelner Werte beruhe, sondern der Markt auf breiter Front nach oben strebt. So hätten von den 401 Aktien im deutschen Prime-Standard in der vergangenen Woche fast 350 Titel Gewinne verzeichnet. Auch die Commerzbank ist zuversichtlich. Die Börsenweisheit „Die Hausse nährt die Hausse“ (siehe Lexikon), scheine sich zu bewahrheiten. Privatanleger, die die Aufwärtsentwicklung verschlafen hätten, griffen nun zu. Auch müssten institutionelle Anleger die Aktienquote erhöhen, um an der Marktentwicklung zu partizipieren.

Freilich mangelt es in dieser Woche an Daten, die die Kurse weiter nach oben treiben könnten. Wichtige Konjunkturdaten stehen erst am Freitag auf dem Plan, wenn die US-Einzelhandelsumsätze und der Index des Verbrauchervertrauens der Universität Michigan veröffentlicht werden. Für eine eher ruhige Börsenwoche spricht auch, dass von Unternehmensseite nur wenige nennenswerte Termine anstehen. Im Blickpunkt dürften die Autowerte stehen, denn am Mittwoch wird die Internationale Automobilausstellung IAA in Frankfurt eröffnet. Am gleichen Tag wird der Handy-Hersteller Nokia seinen Ausblick abgegeben. Am Freitag berichtet außerdem der US-Softwareriese Oracle über das abgelaufene Quartals.

Keine Fortsetzung der Talfahrt

Angesichts der gestiegenen Kurse haben die Chef-Strategen der größten Banken Deutschlands keine Zweifel: Die Baisse an den Aktienmärkten ist vorüber, die aktuelle Rallye ist mehr als nur eine Zwischenerholung. Das ergab eine Handelsblatt-Umfrage unter 15 Banken. Nahezu einhellig versichern die Aktienexperten, dass Anleger einen Rückschlag auf die Tiefstände vom März – der Dax notierte damals bei 2202 Punkten – nicht mehr befürchten müssen. Einen nachhaltigen und längeren Aufschwung sieht allerdings keiner der Experten. Anders als nach vorangegangenen kräftigen Erholungen, die immer wieder verpufften, droht nach Einschätzung der Fachleute diesmal keine Fortsetzung der Talfahrt. Sie begann, nachdem der Dax im März 2000 kurzfristig bei über 8000 Punkten notiert hatte.

Gründe für den Optimismus sind die sich aufhellende Weltkonjunktur und die Umstrukturierungen der Unternehmen. Trotz vielfach stagnierender Umsätze verdienen die meisten Firmen aber mehr als noch vor einem Jahr. „Die Baisse ist vorbei“, versichert Matthias Jörss, Deutschland-Stratege beim Bankhaus Sal. Oppenheim. „Selbst wenn der Dax unter 3000 Punkte fallen sollte, müssen wir uns keine Sorgen über eine Fortsetzung der Baisse machen. Es sei denn, es gibt Ereignisse, die wir heute noch nicht kennen.“

Doch auch einen Sturz unter 3000 Punkte halten die meisten Banker inzwischen für ausgeschlossen: „Das Schlimmste haben die Aktienmärkte sicherlich hinter sich“, sagt Markus Reinwand, Leiter der Aktienanalyse bei Helaba Trust. Er bringt damit die Mehrheitsmeinung auf den Punkt. Das Ende der Abwärtsbewegung ist aber nicht gleich bedeutend mit dem Beginn eines neuen, mehrjährigen Börsenaufschwungs. Für Martin Gilles, Europa-Chefstratege der WestLB, ist die Erholung „eigentlich nur eine Rückkehr zur Normalität“. Viele Experten erwarten, dass der Dax in den kommenden Monaten eine Verschnaufpause einlegen wird. Einige Banken schätzen, dass der Dax am Jahresende wie aktuell bei 3600 bis 3700 Punkten liegt, andere erwarten leichte Rückschläge.

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