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Wirtschaft: Bauers Einstieg alarmiert die Medienwächter

Kontrolleure wollen geplantes Geschäft genau prüfen/Wissenschaftler fürchten Konzentrationsschub auf dem Print- und Fernsehmarkt

Berlin (mot). Der geplante Verkauf des Film und Fernsehgeschäfts der Kirch-Media an den Bauer-Verlag stößt auf Bedenken bei Medienwächtern und Wissenschaftlern. Der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, Norbert Schneider, kündigte am Donnerstag an, die Übernahme der Senderfamilie Pro Sieben Sat1 durch den größten deutschen Programmzeitschriften-Verleger genau zu prüfen. Medienwissenschaftler sprachen von einem „Konzentrationsschub“ auf dem deutschen Medienmarkt. Der TV-Konzern Pro Sieben Sat 1 begrüßte hingegen den geplanten Verkauf an den Bauer-Verlag. „Wir sind mit dieser Lösung sehr zufrieden“, sagte ein Sprecher.

„Genaues kann man erst sagen, wenn man Genaues weiß. Das gilt vor allem für das Medienrecht“, sagte Schneider. „Wir prüfen keine Phänomene, sondern Realitäten.“ Für die Prüfung ist die von den Medienanstalten getragene Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) (siehe Lexikon, Seite 18) zuständig. Sie hatte bereits am Mittwoch angekündigt, den Einstieg Bauers bei Kirch-Media nach Vertragsabschluss unter die Lupe zu nehmen.

Auch das Bundeskartellamt hat Bedenken. Die bisherige Linie der Wettbewerbshüter sei es gewesen, die beiden Sendergruppen getrennt zu halten, sagte eine Sprecherin am Donnerstag in Bonn. Die Übernahme könne daher „ein Problem“ darstellen. Bauer ist an RTL II beteiligt und die RTL-Gruppe gehört zu Bertelsmann. Wenn die beiden größten Player am Privatfernsehmarkt (Bertelsmann und bislang Kirch/Media) auch noch untereinander verflochten seien, sei dies „kartellrechtlich sicher nicht wünschenswert“, machte die Sprecherin deutlich. Eine Anmeldung des Vorhabens liege bisher nicht vor.

Bis Mitte Dezember soll das Geschäft abgeschlossen sein. Verkauft wird der zu KirchMedia gehörende Filmrechtehandel mit der riesigen Bibliothek des Medienpleitiers Leo Kirch sowie die Pro Sieben Sat 1 Media AG. Das Bieterkonsortium aus Bauer-Verlag und Hypo-Vereinsbank wird die Mehrheit an Pro Sieben übernehmen und den Fernsehkonzern finanziell so ausstatten, dass er den Filmrechtehandel einbringen kann. Nach Tagesspiegel-Informationen sollen zwei Milliarden Euro für Kirchs Kerngeschäft gezahlt werden. Das zum Sony-Konzern gehörende US-Filmstudio Columbia soll als dritter Partner in das Konsortium eintreten.

„Der Verkauf wird nur gelingen, wenn Bauer Auflagen akzeptiert“, glaubt Josef Trappel, Bereichsleiter Medien und Kommunikation beim Meinungsforschungsinstitut Prognos. Der Verlag werde sich von Teilen seines Unternehmens trennen müssen, wenn er die medienrechtliche Genehmigung für den Kirch-Einstieg erhalten wolle. Denkbar ist etwa der Verkauf der Bauer-Beteiligung am Fernsehsender RTL2. Die Sender eines Unternehmens, das wie Bauer auch auf einem „medienrelevanten verwandten“ Markt eine beherrschende Stellung hat, dürfen nach dem Rundfunkstaatsvertrag im TV-Markt nicht mehr als 25 Prozent erreichen.

Auch auf dem Werbemarkt ergibt sich Trappel zufolge ein „erheblicher Konzentrationsschub“, wenn Bauer künftig sowohl in seinen Programmzeitschriften als auch im Fernsehen Anzeigen oder Werbezeiten verkaufen kann. „Bauer kann die Preise drücken.“ Für die Medienkontrolleure der KEK schafft der Bauer-Kirch-Deal einen Präzedenzfall: Die medienübergreifende Verflechtung eines Print- und eines Fernsehanbieters („cross ownership“) war bislang in dieser Größenordnung noch nicht Gegenstand der Prüfung. „Über die Auswirkungen auf den publizistischen und ökonomischen Wettbewerb gibt es hier nur viele Vermutungen und wenig gesichertes Wissen“, befürchtet Prognos-Experte Trappel.

Nach Meinung von Axel Zerdick, Professor für Ökonomie und Massenkommunikation an der FU Berlin, bietet der Fall Bauer für die deutsche Medienaufsicht die Chance, neue Standards für die Wettbewerbskontrolle von integrierten Print- und TV-Konzernen zu schaffen. Zerdick begrüßt, dass ein Medienkonzern den Zuschlag bei Kirch bekommen hat. „Wer sein Geld mit Medien verdient, ist auf die Zuschauer und Leser angewiesen und muss transparent bleiben.“

Hier setzen auch Prognos und die Landesmedienanstalten an. In einer Studie zu den gesellschaftlichen Folgen der Medienkonzentration schlagen sie vor, Medienunternehmen zur Selbstverpflichtung zu bewegen: Sie sollen ihr unternehmerisches und publizistisches Handeln öffentlich rechtfertigen und so transparenter werden. Als Vorbild dient der Corporate-Governance-Kodex für Industrieunternehmen.

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