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Wirtschaft: Bayer baut den Konzern radikal um

Die Bayer AG wird neu strukturiert: Ab dem 1. Januar 2003 soll der Chemie- und Pharmakonzern unter dem Dach einer Holding mit vier selbstständigen Gesellschaften geführt werden, teilte Bayer am Donnerstag nach einer Aufsichtsratssitzung mit.

Die Bayer AG wird neu strukturiert: Ab dem 1. Januar 2003 soll der Chemie- und Pharmakonzern unter dem Dach einer Holding mit vier selbstständigen Gesellschaften geführt werden, teilte Bayer am Donnerstag nach einer Aufsichtsratssitzung mit. Außerdem will der Konzern sich künftig stärker auf das Kerngeschäft konzentrieren und andere Aktivitäten abstoßen. Die Hauptversammlung muss den Beschlüssen noch zustimmen.

Konzernchef Manfred Schneider hatte sich bislang hartnäckig geweigert, die Konglomerats-Struktur mit den vier Säulen Gesundheit, Chemie, Polymere und Pflanzenschutz aufzugeben. Schneider hatte gehofft, sich damit gegen eine feindliche Übernahme und das Auf und Ab der Konjunktur schützen zu können. Großanleger und Aktionäre fordern dagegen schon länger die Zerschlagung des Konzerns - in der Hoffnung auf einen steigenden Börsenkurs. Durch das Debakel um den Cholesterinsenker Lipobay im Sommer wuchs der Druck auf den Konzern, zu handeln. Bayer musste das Medikament zurückziehen, weil es in Zusammenhang mit mehr als 50 Todesfällen gebracht wurde und hatte danach eine Gewinnwarnung herausgegeben.

Keine Zerschlagung

Von einer Zerschlagung des Konzerns will Schneider auch jetzt nichts wissen. "Wir beabsichtigen überhaupt nicht, von der Vier-Säulen-Strategie abzuweichen", sagte er. Der Konzern werde auch nach der Umstrukturierung als Ganzes geführt, die gemeinsame Marke Bayer soll erhalten werden. "Bayer wird keine Finanzholding", sagte Schneider. "Die einzelnen Bayer-Unternehmen werden auch in Zukunft miteinander verbunden bleiben." Es sei auch nicht daran gedacht, einen der Teile in absehbarer Zeit zu verkaufen oder an die Börse zu bringen. Schneider wird Ende April 2002 in den Aufsichtsrat wechseln. Nachfolger wird Finanzvorstand Werner Wenning, der auch an der Spitze des vier- bis fünfköpfigen Holding-Vorstands stehen wird.

Analysten und Aktionärsschützer begrüßten die Entscheidung zur Umstrukturierung, der Aktienkurs legte leicht zu. "Das ist ein guter Schritt" sagte ein Marktbeobachter. Allerdings sei das Hauptproblem Pharma damit noch nicht gelöst. Der angekündigte Verkauf von Randaktivitäten zeige aber, dass der Konzern es mit der Umstrukturierung ernst meine. Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz bezeichnete die Umstrukturierung als "überfällig". Er geht davon aus, dass die Holding-Struktur vor allem von amerikanischen Investoren honoriert wird. Der Konzern hat für den 24. Januar 2002 den Börsengang an der Wall Street angekündigt.

Bereits im September hatte Bayer angekündigt, die Sparten Pflanzenschutz und Gesundheit in selbstständigen Einheiten unter einem gemeinsamen Dach zu führen. Jetzt sollen auch die Arbeitsgebiete Chemie und Polymere verselbstständigt werden. In der Chemiesparte strebt Bayer Kooperationen an. Für die Pharmasparte war das schon im September angekündigt worden - mit dem Ziel, die Marktposition zu stärken.

Konzernchef Schneider nannte zwei Gründe dafür, warum die Entscheidung für eine Holding-Struktur gerade jetzt fällt. So sei die Integration der kürzlich gekauften Aventis-Pflanzenschutztochter Crop Science in den Bayer-Pflanzenschutzbereich aufgrund ihrer Größe fast unmöglich erschienen. Außerdem habe sich nach die Lipobay-Krise die Pharma-Strategie geändert: Eine rechtlich selbstständige Pharmatochter sei flexibler für Kooperationen, sagte Schneider. Es sei aber nicht beabsichtigt, sich ganz von Pharma zu trennen.

Dagegen will der Konzern einige nicht zum Kerngeschäft gehörende Firmen im kommenden Jahr verkaufen. Dazu zählt die 100-prozentige Tochter Haarmann & Reimer, die Duft- und Geschmacksstoffe herstellt, die Mannheimer Rhein Chemie Rheinau sowie die Polyurethan-Chemie. Auch von der Beteiligung an der Polymer-Latex in Marl, einem Joint-Venture mit der Degussa AG, will sich der Konzern trennen. Analysten rechnen mit einem Erlös von insgesamt 1,8 bis zwei Milliarden Euro.

Ob durch die Umstrukturierung weitere Arbeitsplätze wegfallen, konnte Schneider noch nicht sagen. Schon vorher war beschlossen worden, dass bis 2005 insgesamt 2500 Mitarbeiter "freigestellt" werden.

pet

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