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Wirtschaft: Bayer kauft bei Roche ein

Konzern zahlt 2,4 Milliarden Euro für verschreibungsfreie Medikamente – Bayer-Aktie bricht ein

Berlin - Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer hat teuer eingekauft: Für 2,4 Milliarden Euro übernimmt der Aspirin-Konzern das Geschäft mit rezeptfreien Arzneimitteln des Schweizer Konkurrenten Roche („Rennie“). Mit dem Zukauf steigt das Leverkusener Unternehmen zu den drei weltgrößten Anbietern im so genannten OTC-Geschäft auf. OTC steht für over the counter, gemeint sind freiverkäufliche Arzneimittel. „Es war und ist unser erklärtes Ziel, unser OTC-Geschäft weiter auszubauen und die Nummer eins weltweit zu werden. Mit dieser Übernahme sind wir diesem Ziel ein großes Stück näher gekommen“, sagte Bayer-Chef Werner Wenning am Montag auf einer Telefonkonferenz.

Analysten begrüßten den Kauf als wichtigen Schritt zum Konzernumbau, bezeichneten den Preis aber als hoch. Entsprechend empfindlich reagierte die Börse: Der Kurs der Bayer-Aktie verlor am Montag zeitweise mehr als drei Prozent, am Ende notierte der Wert mit 21,90 Euro um 1,57 Prozent im Minus. Auch Roche-Papiere gaben leicht nach.

Der Zukauf verschafft Bayer in seiner Pharmasparte zusätzliche Umsätze. Für das Unternehmen ist das lebensnotwendig: Das Geschäft mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ist in der Krise seit der Konzern vor drei Jahren den Blutdrucksenker Lipobay vom Markt nehmen musste. Dadurch sind Milliardenumsätze weggebrochen. Zudem hat das mit 1,4 Milliarden Euro umsatzstärkste Mittel, das Antibiotikum Ciprobay, gerade den Patentschutz verloren. Dadurch wird weiterer Umsatz wegbrechen. Verkaufsstarke Medikamente aus der eigenen Forschung sind nicht vor 2006 zu erwarten.

Bei den verschreibungsfreien Medikamenten ist Bayer bisher weltweit an sechster Stelle, künftig wird der Konzern zum weltweit drittgrößten Anbieter – nach Johnson& Johnson (USA) und Glaxo-Smith-Kline (Großbritannien). Bayer befindet sich derzeit im größten Umbruch seiner Geschichte. Erst am Freitag hatte der Konzern mitgeteilt, den größten Teil seines Chemie- und Teile seiner Polymer-(Kunststoff-)Geschäfte Anfang 2005 unter dem Namen Lanxess im Wege eines Spin-Offs, also einer Zuteilung an die bestehenden Bayer-Aktionäre, an die Börse zu bringen.

Das jetzt von Roche übernommene Geschäft hat nach Bayer-Angaben einen Jahresumsatz von einer Milliarde Euro und erwirtschaftet einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 190 Millionen Euro. Die fusionierten OTC-Sparten würden nach Bayer-Angaben einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro erzielen. Die Kartellbehörden müssen dem Kauf aber noch zustimmen.

Der Kauf soll nach Angaben von Bayer bis zum Jahreswechsel abgeschlossen sein und aus vorhandenen Finanzmitteln finanziert werden. „Durch die zukünftige Größe sind wir gut aufgestellt für die Übernahme von Produkten, deren Verschreibungspflicht endet und die dann rezeptfrei verkauft werden dürfen“, sagte Wenning. Hier sehe Bayer große Chancen für den Erwerb weiterer Marken.

Analysten begrüßten die Übernahme. „Bayer hat auf dem Gebiet lange Erfahrung. Es macht Sinn, den Geschäftsbereich aufzustocken und die Produktpalette zu erweitern“, sagte Ulle Wörner, Chemieanalyst der Landesbank Baden-Württemberg. Der Absturz der Aktie hat viele Marktbeobachter überrascht. „Der Preis lag zwar am oberen Ende der Erwartungen, ich halte die Reaktion der Börse aber trotzdem für überzogen“, sagte Wörner. Auch Ludger Mues, Pharmaanalyst vom Bankhaus Sal. Oppenheim, hält den Kauf für „strategisch sehr sinnvoll“, den Preis mit dem 2,5-Fachen vom Umsatz des Roche-Geschäfts aber für „nicht sehr billig“.

Maren Peters

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