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Wirtschaft: Bedrohliche Leere

Fusionsgerüchte zeigen, dass die privaten Wirtschaftsuniversitäten wachsen müssen. Sie sind zu klein, um international wahrgenommen zu werden

Das Dementi von Michael Diekmann, Allianz-Chef und zugleich Vorstandsvorsitzender der Stiftung der privaten European School of Management and Technology (ESMT), kam schnell: „Zur Kenntnis genommen und nicht weiterverfolgt.“ So kommentierte er ein vor kurzem bekannt gewordenes Papier der Konkurrenz-Hochschule Frankfurt School of Finance & Management. Der Inhalt: Eine Fusion der beiden Anbieter von Managementstudiengängen wie dem Master of Business Administration (MBA). Also eine Falschmeldung? Das Thema habe sich erledigt, gibt man sich an der ESMT seitdem sichtlich gereizt.

Kein Wunder, zeigt das possenähnliche Schauspiel doch, wie brisant die Situation der deutschen MBA-Anbieter ist. Denn Fusionsgedanken unter den privaten deutschen Wirtschaftshochschulen gibt es immer wieder. Die so genannten „Business Schools“ wie ESMT, WHU- Otto Beisheim School, Handelshochschule Leipzig oder European Business School sind schlicht zu klein, um international mitspielen zu können. Einige schreiben zudem rote Zahlen. Denn die Finanzierung einer forschungsstarken privaten Hochschule ist allein aus Studiengebühren nicht möglich, die Anbieter sind auf spendable Förderer und zahlende Unternehmenskunden angewiesen. Die hat aber nicht jeder.

Dass die Frankfurt School auf der Suche nach Partnern ist, hatte deren Leiter Udo Steffens schon anklingen lassen. Die Hochschule hat eine mehr als 50-jährige Geschichte – und sich so einen respektablen Ruf in der Lehre erarbeitet. In der Forschung ist sie aber noch nicht auf Universitätsniveau, urteilte 2010 auch der Wissenschaftsrat, eine Art Tüv für private Hochschulen. Ein Zusammengehen mit der stark forschungsorientierten ESMT erscheint allein deshalb sinnvoll. Die Fusionsidee mit der ESMT ist in dem Strategiepapier dargelegt, das nun an die Öffentlichkeit kam. Nur eine Idee, ein Gedankenspiel, versucht die Sprecherin der Frankfurt School seitdem zu beschwichtigen. Ob die Idee weiterverfolgt wird, will sie nicht sagen.

In der Branche sei in den vergangenen zehn Jahren immer wieder über Konsolidierung gesprochen worden, sagt der neue Chef der European Business School (EBS) in Wiesbaden, Rolf Cremer. „Das ist ja auch nicht verwunderlich, weil die deutschen nicht-staatlichen Business Schools alle recht klein sind.“ Auch die EBS hatte schon einmal überlegt, mit der WHU - Otto Beisheim School im nahe gelegenen Vallendar zusammenzugehen, Gespräche mit der Frankfurt School hat es vor zwei Jahren auch gegeben. Jetzt wiegeln alle Beteiligten ab. Eine Fusion sei kein Thema, sagt Cremer. Und auch Michael Frenkel, Rektor der WHU, will die Schule ohne Partner vergrößern. „Die Spieler in Deutschland sind doch überschaubar. Ich wüsste nicht, auf wen wir derzeit zugehen sollten“, sagt Frenkel.

Die Anbieter wollen organisch wachsen, weil sie es müssen. Angesehene Professoren, die für die internationale Sichtbarkeit und Anerkennung in der Wissenschaftsgemeinde wichtig sind, kann nur locken, wer das passende Forschungsumfeld bietet. Und in die für das Marketing wichtigen internationalen MBA-Ranglisten wird nur aufgenommen, wer einige Jahre lang 30 Teilnehmer in der Klasse vorweist. Das ist noch immer schwer, weil der MBA in Deutschland keine Tradition hat. Nicht mal eine Handvoll renommierter Anbieter haben aktuell mehr als 30 MBA-Studenten. Die deutschen privaten Wirtschaftshochschulen sind im Vergleich zu jung und zu klein.

„Es hat sich international gezeigt, dass eine Wirtschaftshochschule nur in einer bestimmten Größenordnung sinnvoll ist. Mit weniger als 1000 Studenten ist man unterhalb einer kritischen Größe, mit mehr als 3 000 kämpft man mit Effizienzproblemen“, sagt WHU-Rektor Frenkel. An der ESMT etwa sind rund 100 Studenten in den verschiedenen MBA-Programmen eingeschrieben, an der Leipziger HHL studieren knapp 400 junge Menschen, an der WHU sind rund 760 Studenten und 270 Doktoranden eingeschrieben.

Die Anbieter versuchen zu wachsen, doch die Finanzierung wird hier und da zum Problem. Starke Sponsoren wie die WHU-Otto Beisheim School, deren Großfinanzier auch im Namen verewigt ist, haben nur wenige. Selbst an der ESMT, die von 25 deutschen Konzernen wie Allianz und Siemens gegründet wurde und gesponsert wird, hatte es in den vergangenen Jahren schwer. Denn Geld verdienen die privaten Wirtschaftshochschulen traditionell nicht mit den Bachelor- oder Master-Studiengängen – obwohl Gebühren um die 30 000 Euro für das Studium keine Seltenheit sind –, sondern mit der kurzen Manager-Weiterbildung. Doch den Trend haben die deutschen Anbieter lange verschlafen.

Der Markt wird sich konsolidieren, davon sind etliche Hochschulchefs überzeugt. „Alles ist möglich“, antwortet WHU-Chef Frenkel auf die Frage nach Fusionen. „Nur keiner will den ersten Schritt tun“, heißt es im Umfeld der Berliner ESMT-Hochschule. Der Leidensdruck sei wohl immer noch nicht groß genug. (HB)

Stefani Hergert

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