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Wirtschaft: Bei Anruf: Keine Auskunft

Berlin. Die Bundesregierung glaubt nicht mehr daran, dass die Bundesländer dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) zustimmen.

Berlin. Die Bundesregierung glaubt nicht mehr daran, dass die Bundesländer dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) zustimmen. Ohne den Druck des Gesetzes sieht das Verbraucherministerium aber auch wenig Chancen, stattdessen der Wirtschaft eine Selbstverpflichtung abzuringen, die die Informationslücken der Verbraucher füllt. Das sagte der Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, Alexander Müller, dem Tagesspiegel am Rande einer Anhörung in Berlin.

Obwohl die Regierung den Bundesländern weit entgegengekommen sei, rechne er damit, dass das Verbraucherinformationsgesetz am Mittwoch im Vermittlungsausschuss scheitert, bedauerte Müller. Dabei habe das Ministerium fast alle Kritikpunkte der Länder aufgegriffen und den Gesetzentwurf entsprechend geändert.

Das Verbraucherinformationsgesetz sollte den Bürgern einen Informationsanspruch gegenüber den Behörden bei Fragen zu Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs verschaffen. Zudem wollte Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) den Behörden das Recht einräumen, von sich aus die Verbraucher über Gesundheitsrisiken von Produkten zu warnen. Das Gesetz ist vom Bundestag beschlossen, vom Bundesrat aber abgelehnt worden.

„Auch wenn das Verbraucherinformationsgesetz scheitert, geht die Diskussion über die Selbstverpflichtung der Wirtschaft weiter", betonte Müller. Allerdings hatte das Ministerium bereits zuvor vergeblich versucht, einen Informationsanspruch gegen die Unternehmen im Gesetzentwurf zu verankern. Die Wirtschaft hatte dieses Vorhaben aber vereitelt. Kein Wunder, dass sie auch wenig Gefallen an einer Selbstverpflichtung findet.

„Eine einheitliche Lösung ist nicht möglich", meint Matthias Horst, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Die Ernährungsindustrie umfasse mehr als 6000 Betriebe, vom kleinen Bäcker bis hin zu multinationalen Konzernen, wie solle der Verband für diese Firmen verbindliche Auskunftsversprechen abgeben? Außerdem sei eine solche Regulierung gar nicht nötig: „Die Lebensmittel-Unternehmen tun bereits heute viel." Viel mehr, als der Kunde eigentlich wolle, glaubt Horst. Umfragen bei den Mitgliedsunternehmen würden zeigen, dass die Käufer nur am konkreten Produkt interessiert seien.

Oder noch nicht einmal das. In den Call-Centern der Handelsunternehmen gingen Hunderttausende Anfragen ein, sagt Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels. „Die meisten Kunden beschweren sich über das Personal in den Läden." Der Handel, meint Pellengahr, brauche weder ein Verbraucherinformationsgesetz noch eine Selbstverpflichtung. Verbraucherschützer bezweifeln das. Sie verweisen auf die Selbstverpflichtung des Handels, die Euro-Einführung nicht zu Preiserhöhungen zu missbrauchen. In der Praxis führten die meisten Selbstverpflichtungen zu nichts, kritisiert Peter Knitsch, Verbraucherexperte im Düsseldorfer Umweltschutzministerium: „Informationen, die den Unternehmen nutzen, geben sie weiter. Unangenehme Nachrichten werden verschwiegen."Heike Jahberg

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