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Wirtschaft: "Beim Gas funktioniert der Wettbewerb nicht"

Werner Müller (55) ist seit 1998 Bundeswirtschaftsminister. Müller, der keiner Partei angehört, war zuvor Manager bei den Stromkonzernen RWE und Veba, wo er zuletzt im Vorstand der Veba Kraftwerke Ruhr saß.

Werner Müller (55) ist seit 1998 Bundeswirtschaftsminister. Müller, der keiner Partei angehört, war zuvor Manager bei den Stromkonzernen RWE und Veba, wo er zuletzt im Vorstand der Veba Kraftwerke Ruhr saß.

Herr Müller, wer liefert Ihnen den Strom?

Seitdem ich im Ruhrgebiet wohne, bin ich Kunde von RWE - genauer gesagt, seit Dezember 1972.

Und in Berlin?

Ich habe eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung, da verbrauche ich nicht viel. In Berlin kommt mein Strom von der Bewag.

Also gehört auch der Minister zu den 96 Prozent der Deutschen, die ihren Stromanbieter nicht wechseln?

RWE hat Ende der 90er Jahre von sich aus die Preise nicht unerheblich gesenkt, so dass ich gar keinen Grund hatte zu kündigen. Man kann aus der Tatsache, dass nur wenige Bürger wechseln, nicht schließen, dass kein Wettbewerb herrscht.

Aber jetzt steigen die Preise wieder.

Den Anfang hat Yello gemacht, die seinerzeit mit Kampfpreisen auf den Markt gekommen sind und heute ihre Preise anziehen. Ein Teil der Preiserhöhungen geht allerdings auf administrative Kosten für die Einspeisung regenerativer Energien, die Kraft-Wärme-Koppelung und die Ökosteuer zurück.

Die Billiganbieter klagen über bürokratische Schikanen der Netzbetreiber und überhöhte Gebühren für die Stromdurchleitung.

Die Klagen dienen auch dem Zweck, der eigenen Geschäftsleitung zu erklären, warum man nicht so erfolgreich ist wie angekündigt. Um eine realistische Basis zu bekommen, müssen wir von den Beschwerden ausgehen, die bei uns im Ministerium ankommen. Wir haben eine Task Force, in enger Kooperation mit Vertretern der Stromwirtschaft und Verbraucherschützern, und eine Hotline für Verbraucherfragen. Bei beiden sind die eingehenden Fallakten vergleichsweise gering.

Sie finden also, dass der Stromwettbewerb funktioniert?

Bei Industriekunden in jedem Fall und bei Haushaltskunden schon recht gut.

Stellt die Verbändevereinbarung Strom einen vernünftigen Wettbewerb sicher?

Ja, vor allen Dingen, wenn das vereinbarte Streitschlichtungssystem gut funktioniert, der Papierkram noch vereinfacht wird und die Vereinbarung eine rechtliche Basis durch das neue Energiewirtschaftsgesetz bekommt.

Das Bundeskartellamt hat Einwände.

Ich kann nicht von der Wirtschaft verlangen, dass sie eine saubere Wettbewerbsregelung aufstellt und sich daran hält, wenn das Kartellamt gleichzeitig erklärt, die Verbändevereinbarung sei für die Behörde nicht maßgeblich. Das Kartellamt ist keine Regulierungsbehörde. In den Fällen, in denen Netzbetreiber ihre Stellung missbrauchen, wird das Bundeskartellamt weiterhin zuständig sein. Und hier soll seine Position durch das neue Gesetz noch gestärkt werden.

Durch die sofortige Vollziehbarkeit seiner Anordnungen?

Ja. Derzeit vergehen bis zu drei Jahre, bis die Gerichte feststellen, ob das Kartellamt eine Verfügung zu Recht getroffen hat. Bis dahin ist mancher Anbieter schon am Ende. Künftig sollen die Anordnungen des Amts sofort wirksam werden.

Gibt es auf dem Gasmarkt Wettbewerb?

Der Wettbewerb funktioniert nicht so, wie man es erwarten könnte. Aber das Gasgeschäft läuft auch anders als der Strommarkt. Wir haben in Deutschland 300 Unternehmen, die Strom produzieren. Beim Gas gibt es gerade einmal eine Handvoll Unternehmen, die Gas beschaffen. Wir haben in Deutschland kaum eigene Gasvorkommen, und die Gashändler sind davon abhängig, welche Mengen ihnen die Erzeugerländer schicken. Diese Länder liefern aber nur so viel, wie hierzulande auch verbraucht wird, um den Exportpreis nicht zu gefährden. Außerdem kann man Gas anders als Rohöl nicht beliebig hin- und herschicken.

Die Verbände der Gaswirtschaft sollen Ihnen bis zum 15. April eine neue Verbändevereinbarung Gas vorlegen. Schaffen sie das?

Ich habe Zweifel. Ich weiß nur, dass wir noch in dieser Legislaturperiode entscheiden werden, ob wir eine Regulierungsbehörde installieren oder die Wettbewerbsregulierung den Marktteilnehmern überlassen.

Würde die Regulierungsbehörde Strom und Gas erfassen?

Ja, das wäre die Konsequenz. Ich kann bislang den Druck aus Brüssel, eine Regulierungsbehörde für den Energiemarkt einzurichten, gut aushalten. Unser Liberalisierungsmodell ist dem zentralistischen Regulierungsansatz überlegen. In Deutschland gibt es 900 Stromunternehmen. Stellen Sie sich mal vor, der Regulierer müsste jeden einzelnen Tarif tagtäglich genehmigen! Das kann der Wettbewerb viel besser. Aber beim Gas klappt das noch nicht. Und ich fürchte, wir werden es nicht schaffen, eine Regulierungsbehörde nur für den Gasmarkt einzurichten und den Strombereich auszusparen.

Rechnen Sie damit, dass es auf eine Regulierungsbehörde herausläuft?

Ich treibe die Gasverbände ständig an, aber sie bewegen sich nur millimeterweit. Ich kann der Branche nur sagen, dass sie meine Warnung ernst nehmen sollte. Dieser Wirtschaftsminister ist auf jeden Fall noch bis Mitte Oktober im Amt, und bis dahin wird eine Entscheidung fallen.

Wird die Verbändevereinbarung Gas Konsequenzen haben für die Frage, ob es eine Ministererlaubnis für die Fusion von Eon und Ruhrgas gibt?

Ich habe meinen Staatssekretär Tacke gebeten, das Ministererlaubnis-Verfahren zu übernehmen. Nicht weil ich in der Sache befangen wäre, aber um den bereits angedrohten Klagen einen möglichen Klagegrund zu entziehen und weil ich die Spekulationen über die Arbeit des Ministeriums satt habe. Ich bin von allem abgeschnitten und habe keinerlei Zugang zur Korrespondenz mehr.

Herr Müller[wer liefert Ihnen den Strom?]

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