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Wirtschaft: Belgiens universeller Anspruch

Nach acht langen Jahren hat in Belgien der Prozess gegen Marc Dutroux begonnen. Die schrecklichen Verbrechen, die ihm zur Last gelegt werden, und Vorwürfe einer groß angelegten Verschleierung schockierten ein ganzes Land.

Nach acht langen Jahren hat in Belgien der Prozess gegen Marc Dutroux begonnen. Die schrecklichen Verbrechen, die ihm zur Last gelegt werden, und Vorwürfe einer groß angelegten Verschleierung schockierten ein ganzes Land. Hunderttausende Belgier gingen Mitte der Neunzigerjahre auf die Straße, um gegen den Umgang der Regierung mit dem Fall zu protestieren. Mittlerweile glauben nur noch wenige Belgier daran, dass die Wahrheit jemals ans Licht kommen wird. Dutroux wird angelastet, mit Hilfe seiner Frau und zwei weiteren Komplizen mehrere Mädchen entführt, vergewaltigt und ermordet zu haben.

Gewiss, brutale Verbrechen und Mörder gibt es auch in anderen Ländern. Das Besondere dieses Falles liegt darin, dass Polizei und Justiz trotz zahlreicher Hinweise versagten. Sie verhinderten die Morde nicht und schlampten bei den anschließenden Ermittlungsarbeiten. Eine parlamentarische Sonderkommission befand im Jahr 1997, es sei „schwer auszuschließen", dass Dutroux und die anderen Angeklagten „geschützt worden sein könnten“. Dutroux könnte Teil eines weitläufigen PädophilenNetzwerkes (gewesen) sein, in das auch Politiker und Unternehmer verstrickt sind – geschützt von den Ermittlern. Das ist ein Verdacht, der bis heute nicht ausgeräumt ist. Mehrere Zeugen sind auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen. Andere Zeugen, die behaupten, von Dutroux und Nihoul, einem der Mitangeklagten, vergewaltigt und gefoltert worden zu sein, werden gar nicht angehört. Sie wurden als nicht glaubwürdig abgewiesen. Der Fall Dutroux ist nicht der einzige Schatten, der auf die belgische Justiz fällt. Der Mord an dem ehemaligen stellvertretenden Premierminister André Cools im Jahr 1991 ist bis heute unaufgeklärt. Das Gleiche gilt für eine Kette von Überfällen auf Supermärkte in den Achtzigerjahren, bei denen 28 Menschen ums Leben kamen. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass Belgien bis zum letzten Sommer ein Gesetz hatte, das belgische Gerichte autorisierte, Kriegsverbrechen aus der ganzen Welt zu verfolgen. Während die belgische Justiz jahrelang „universelle Zuständigkeit" für weltweite Gerechtigkeit beanspruchte, hat sie zugelassen, dass der Fall Dutroux dahindümpelt. Ein feines moralisches Beispiel.

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