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Wirtschaft: Bernhard verlässt VW

Der einstige Hoffnungsträger geht nach knapp zwei Jahren. Der neue Chef Winterkorn setzt sich durch

Berlin - Der ehemalige Hoffnungsträger Wolfgang Bernhard verlässt den VW-Vorstand nach nur knapp zwei Jahren. Wie Volkswagen am Donnerstag mitteilte, wird der 46-jährige Bernhard „im Zuge der Neuverteilung der Verantwortlichkeiten das Unternehmen zum 31.01.07 im gegenseitigen Einvernehmen verlassen“. Bernhard war seit dem Frühjahr 2005 VW-Vorstand und Chef der Kernmarke VW. Diese Position übernimmt nun Martin Winterkorn, der seit dem 1. Januar amtierende Vorstandschef. Laut Presseerklärung dankte Winterkorn Bernhard, da er „die Restrukturierung des Unternehmens weiter vorangebracht und damit die Produktivität der Marke Volkswagen erhöht habe“. Über das Ausscheiden Bernhards war seit vergangenem Herbst spekuliert worden, nachdem sich damals der Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch mit Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und den Arbeitnehmervertretern auf den Rausschmiss des Vorstandsvorsitzenden Bernd Pischetsrieder geeinigt hatten. Porsche ist inzwischen mit rund 28 Prozent der größte VW-Aktionär. Eine Zusammenarbeit von Bernhard mit Pischetsrieders Nachfolger Winterkorn galt von Anfang an als schwierig. Anders als der ruhige, ausgleichende Pischetsrieder ist Winterkorn gelegentlich cholerisch; sein Temperament gilt als kaum vereinbar mit der forschen bis rüpelhaften Art, die Bernhard nachgesagt wird.

Doch am Ende dürfte die Machtverteilung entscheidend gewesen sein. Winterkorn löst die Aufteilung des Konzerns in die Gruppe VW (mit den Marken VW, Skoda und Bentley) und die Markengruppe Audi (neben Audi noch Seat und Lamborghini) auf und schafft übergreifende Zuständigkeiten. Bernhard hätte also seinen Job als Chef der Markengruppe VW verloren; das Angebot, künftig als Produktionsvorstand zu fungieren, soll er abgelehnt haben.

Winterkorn verschafft sich nun zusätzliche Macht, indem er das neu geschaffene Ressort „Konzern Forschung und Entwicklung“ leitet. Das gleichfalls neue Ressort Produktion wird von Februar an von Jochem Heizmann geführt, der bisher bei der VW-Tochter Audi für die Produktion verantwortlich war. Das dritte neue Ressort Vertrieb will Winterkorn nach Konzernangaben später besetzen. Die Verantwortung für Volumen, Umsatz und Ergebnis bleibt bei den einzelnen Marken.

Mit Bernhard verlässt eine der schillerndsten Figuren der Autoszene die Bühne. Der gebürtige Allgäuer begann seine Karriere bei McKinsey und wechselte 1994 zu Mercedes-Benz. Viele Jahre später, nachdem Daimler-Benz mit Chrysler fusioniert war und die US- Firma in eine Existenzkrise geriet, schickte der damalige Konzernchef Jürgen Schrempp zwei seiner besten Leute zur Sanierung nach Detroit: Dieter Zetsche und Wolfgang Bernhard. Zetsche ist heute Chef von Daimler-Chrysler.

Bernhard sollte eigentlich Chef der Mercedes Car Group werden. Doch sein Auftreten stand dem im Wege. Mit flapsigen Bemerkungen über Schrempp („Tja, Jürgen, shit happens“), nachdem der sich im Fall Mitsubishi nicht im Vorstand hatte durchsetzen können, und über Mercedes („Hier muss Blut fließen“), provozierte er sein Aus bei Daimler. VW-Chef Pischetsrieder nutzte die Gelegenheit und holte den Starmanager 2005 nach Wolfsburg, wo der sich an die Sanierung der Kernmarke VW machte, denn mit dem Verkauf von Golf und Passat, Polo und Phaeton verdiente der Konzern kein Geld. Bernhard gab das Ziel vor, bis 2008 rund zehn Milliarden Euro zu sparen: durch weniger Personal, längere Arbeitszeit, weniger komplexe Autos, bessere Produktionsabläufe und günstigeren Einkauf. Berühmt sind seine Produktklausuren: Mehr als 100 Führungskräfte aus den verschiedenen Konzernbereichen wurden zusammengetrommelt und mussten binnen weniger Tage Einsparmöglichkeiten bei einzelnen Modellen identifizieren und vereinbaren. Beim Golf V zum Beispiel soll der Sparbetrag je Auto ein paar hundert Euro ausmachen.

Erste Erfolge Bernhards sind sichtbar. Die Marke VW hat 2006 einen Absatzrekord erreicht und verdient wieder Geld; in einem neuen Tarifvertrag haben sich die relativ gut bezahlten Beschäftigten der sechs westdeutschen VW-Werke auf längere Arbeitszeiten eingelassen. Doch noch immer kommen neue VW-Modelle zu spät auf den Markt, die Verluste in den USA sind gewaltig und der Vorsprung von Toyota wird größer. Vor allem von der hohen Produktivität der Japaner ist Volkswagen noch weit entfernt.

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