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Wirtschaft: Bertelsmann erwartet trotz Medienkrise deutlich steigenden Gewinn Kaum Wachstum beim Umsatz möglich – Sparkurs und Beteiligungsverkäufe zahlen sich aus

Berlin (mot). Europas größter Medienkonzern, die Gütersloher Bertelsmann AG, will trotz der Flaute auf dem Werbemarkt und der Krise der Medienindustrie seinen Gewinn weiter steigern.

Berlin (mot). Europas größter Medienkonzern, die Gütersloher Bertelsmann AG, will trotz der Flaute auf dem Werbemarkt und der Krise der Medienindustrie seinen Gewinn weiter steigern. „Wir werden 2003 bei stabilen Umsätzen deutlich steigende operative Erträge“ erzielen, sagte Vorstandschef Gunter Thielen am Dienstag in Berlin bei der Vorlage der Bilanz 2002. Thielen räumte allerdings ein, dass er beim Umsatz keine großen Wachstumsmöglichkeiten sehe. Erhole sich die Weltkonjunktur in absehbarer Zeit, werde Bertelsmann sein Ziel mittelfristig dennoch erreichen, die Umsatzrendite von fünf auf zehn Prozent zu steigern.

Im vergangenen Geschäftsjahr konnte sich der Medienkonzern dank seines rigiden Sparkurses und Veräußerungserlösen gegen den schwachen Markttrend behaupten. Zu Bertelsmann gehören unter anderem die FernsehGruppe RTL, der weltgrößte Buchverlag Random House, der Gruner+Jahr Verlag sowie der weltweit fünftgrößte Musikkonzern BMG, der Künstler wie Pink oder Santana verlegt. Nur die Direct-Group, die das Geschäft mit den Buchclubs betreibt, verbuchte 2002 noch einen operativen Verlust (150 Millionen Euro). Bertelsmann erzielt ein Drittel seines Umsatzes in den USA, den Rest in Europa und Deutschland. „Wir haben Marktanteile hinzugewonnen, an unserem Portfolio gearbeitet, die Kosten reduziert und den echten Gewinn gesteigert“, sagte Thielen.

Berichte, wonach die Eigentümerfamilie Mohn wieder mehr Einfluss aufs Geschäft bei Bertelsmann haben wolle, wies er zurück. Der Vorstand treffe die operativen Entscheidungen. Die Familie Mohn behalte sich als Mehrheitseigentümer aber vor, über Satzungsänderungen oder die Aufnahme neuer Partner mitzuentscheiden. Einen bevorstehenden Wechsel an der Aufsichtsratsspitze werde es nicht geben (siehe Kasten).

Bei einem leicht um 3,5 Prozent gesunkenen Umsatz von 18,3 Milliarden Euro blieb bei Bertelsmann insgesamt ein Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebita) von 936 Millionen Euro übrig – gut 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Vergleich mit 2001 ist nur bedingt möglich, da Bertelsmann sein Geschäftsjahr auf das Kalenderjahr umgestellt hat. Größter Umsatzbringer war RTL mit 4,3 Milliarden Euro, einem Anteil von fast 25 Prozent. Dazu trug auch der Erfolg der „Superstar“-Formate bei. Als Buchclub-Ziel für dieses Jahr gab Thielen aus, „keine nennenswerten Verluste mehr zu machen“. Der Fachverlag Bertelsmann-Springer soll innerhalb der nächsten zwei Monate verkauft werden. Bertelsmann hofft dabei auf Einnahmen von mehr als einer Milliarde Euro. Bei BMG denke man über Allianzen mit anderen Musik-Majors nach.

Ausgezahlt hat sich für den Konzern, der im vergangenen Jahr nach der Ablösung von Thielens Vorgänger Thomas Middelhoff und einem Strategiewechsel in Turbulenzen geraten war, der Rückzug aus dem Internetgeschäft. So wurden – etwa durch die Einstellung des Online-Buchhändlers BOL – die Internetverluste um 670 Millionen auf rund 140 Millionen Euro reduziert und erstmals in der Gewinnrechnung ausgewiesen. Der Verkauf seiner restlichen Anteile am Onlineunternehmen AOL Europe brachte einen Erlös von 2,8 Milliarden Euro. Einnahmen, die zum letzten Mal die Bilanz entlasteten, weil der Verkauf abgewickelt und die Erlöse vollständig bei Bertelsmann eingegangen sind.

Größte Belastung des Geschäftsjahres 2002 war die Abschreibung auf den Firmenwert der teuer übernommenen Plattenfirma Zomba. Vom Kaufpreis in Höhe von 2,3 Milliarden Euro schreibt Bertelsmann 1,3 Milliarden Euro ab. Insgesamt musste Bertelsmann Firmenwerte in Höhe von 2,5 Milliarden Euro abschreiben. „Anders als viele Technologie- und Telekomunternehmen, die heute ihre teuren Einkäufe verdauen müssen, schreibt Bertelsmann deshalb keine Verluste“, sagte Thielen. Der Zomba-Kauf trieb allerdings die Nettofinanzschulden von 859 Millionen Euro auf 2,7 Milliarden Euro in die Höhe. Bertelsmann behielt indes bei einem Cash-Flow von 1,1 Milliarden Euro Spielraum für Investitionen von 5,3 Milliarden Euro.

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