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Gebäudereiniger sind oft betroffen – und Mitarbeiter in der Verwaltung. Foto: dpa

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Berliner Arbeitsmarkt: Berufseinsteiger oft nur befristet angestellt

Die Unsicherheit hält viele davon ab, eine Familie zu gründen. Die IG BAU fordert ein Gesetz gegen Befristungen ohne triftigen Grund.

Berufseinsteiger sind in Berlin besonders oft von Befristungen betroffen. 63 000 Beschäftigte unter 30 Jahren haben ein zeitlich begrenztes Arbeitsverhältnis. Das ist jeder Vierte in der Altersklasse – Auszubildende nicht mitgerechnet. Wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) unter Berufung auf aktuelle Zahlen aus dem Mikrozensus mitteilt, entfallen auf die Altersgruppe 38 Prozent aller Befristungen in der Hauptstadt.

IG BAU-Regionalleiter Lars Dieckmann spricht von einem „Warnsignal“: Es könne nicht sein, dass jungen Menschen der Start ins Berufsleben derart erschwert werde. „Die ständige Unsicherheit, ob der Job verlängert wird, hält viele davon ab, eine Familie zu gründen“, sagt er. Wer nur für eine absehbare Zeit angestellt werde, habe es außerdem schwerer, eine Wohnung zu finden oder einen Kredit zu bekommen.

Hinzu kommt das geminderte Einkommen: Laut Statistischem Bundesamt verdienten zuletzt 23 Prozent aller Vollzeit-Beschäftigten in Befristung weniger als 1100 Euro netto im Monat. Nach Angaben der IG BAU sind Befristungen in Branchen wie der Gebäudereinigung, aber auch in der Verwaltung besonders stark verbreitet.

In Berliner Verwaltung stark verbreitet

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat kürzlich angekündigt, dass er unnötige Befristungen von Arbeitsverträgen in Senatsverwaltungen und Bezirken so schnell wie möglich abschaffen möchte. Ein wesentlicher Grund: Der öffentliche Dienst soll für neue Bewerber attraktiver werden. Schon jetzt ist der Personalmangel in den Behörden deutlich zu spüren. In Zukunft soll der Sektor mit am meisten vom Fachkräftemangel betroffen sein.

Nach Angaben des Senats sind in den Bezirken und Senatsverwaltungen knapp 4500 Angestellte befristet beschäftigt, davon rund 1000 ohne einen triftigen Grund. Von diesen entfallen wiederum rund 600 auf die Senatsverwaltungen, etwa die Hälfte davon allein auf die Innen- und die Finanzbehörde.

SPD will sachgrundlose Befristungen abschaffen

Vom Regierenden Bürgermeister heißt es: Die sachgrundlosen Befristungen sollen nun geprüft und möglichst entfristet werden. Das soll künftig auch für neue Ausschreibungen gelten. Ebenso seien die Landesunternehmen aufgefordert, dem Beispiel zu folgen und keine grundlosen Befristungen mehr vorzunehmen. Verträge auf Zeit soll es künftig nur noch geben, wenn es – wie bei Elternzeit-Vertretungen oder politischen Jobs, die an die Wahlperiode gebunden sind – auch nachvollziehbare Begründungen gibt. Die Gewerkschaften fordern die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung schon länger.

Eine aktuelle Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linkspartei bestätigt die Angaben des Mikrozensus. Im Jahr 1997 waren demnach 31 Prozent aller Neueinstellungen in Berlin befristet. 2015 waren es 40 Prozent. Die SPD hat das Thema in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Sollte Martin Schulz die Wahl gewinnen, will er sachgrundlose Befristungen abschaffen. Die CDU möchte „offenkundige Missbräuche“ unterbinden.

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