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Nicht zu hoch das Handy. Wer sich selber filmt, sollte die Kamera im Hochformat auf Augenhöhe halten.

© Angela Franklin/Unsplash

Bewerbung: Lächeln für einen Job

Noch ist die Bewerbung per Video-Clip die Ausnahme, in wenigen Jahren könnte sie Standard sein. Was dafür spricht, sie schon jetzt zu nutzen.

Wer sich bei der Fröbel-Gruppe bewerben möchte, einem überregionalen Träger von Kindertageseinrichtungen mit rund 3850 Mitarbeitern, kann das auf konventionellem Wege tun – und eine E-Mail mit allen Unterlagen senden. Oder aber er nimmt ein kurzes Video auf. Seit Sommer dieses Jahres bietet das Berliner Unternehmen diese Möglichkeit. Man wolle Interessenten einen „modernen und niedrigschwelligen Zugang bieten“, sagt der Abteilungsleiter Personalgewinnung Mathias Wendlandt. Außerdem sei der Vorteil zur schriftlichen Darstellung, dass eine Videobewerbung mehrere Dimensionen habe: „Sie vermittelt ein Bewegtbild, Sprache und weitere Eindrücke.“ Gerade bei Erzieherinnen und Erziehern gehe es darum, sich eine Vorstellung von der Persönlichkeit der Bewerber zu machen. Die Bewerbung per Kurzfilm ermögliche dies.

Noch sind Videobewerbungen aber die große Ausnahme. Der Prozentsatz an allen versendeten Bewerbungen „geht zur Zeit noch gegen Null“, sagt Thomas Paucker, der Geschäftsführer des Berliner Anbieters für Videobewerbungen „Jobufo“. Auch Wendlandt sagt, dass der Kitaträger Fröbel in den viereinhalb Monaten, seit denen er den Dienst zur Verfügung stellt, erst 20 Videobewerbungen erhalten hat. Aber: Das ist eine Momentaufnahme. Bald dürfte die Bewerbung per Videoclip Normalität sein. „In fünf Jahren bewirbt sich niemand mehr schriftlich“, prophezeit Paucker.

Video-Bewerber gehören zur Avangarde

Angesichts der rasant fortschreitenden Digitalisierung ist dieses Szenario denkbar. Fakt ist außerdem: Wer sich aktuell seinem potenziellen Arbeitgeber per Video vorstellt, gehört zur Avantgarde, zu den Vorreitern einer gänzlich neuen Form der Bewerbung. Und punktet schon alleine deshalb. Schließlich honorieren fast ausnahmslos alle Arbeitgeber innovative und mutige Bewerber. Das gilt für fast alle Branchen, Berufe und Positionen – abgesehen vom höheren Management.

„Die Personaler wollen die Persönlichkeit kennenlernen“, sagt der Karrierecoach und Blogger des Portals Karrierebibel Jochen Mai – und rät deshalb zur Bewerbung mittels Videobotschaft. „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Viele Bilder sagen noch mehr“, erklärt Mai.

Allerdings sagt der Experte auch, dass ein Video nicht den Lebenslauf ersetzt, sondern allenfalls das Anschreiben. Das Video sollte aber auch keine Wiederholung dessen sein, was in der Vita steht. Der Film sollte zusätzliche Aspekte abdecken, zum Beispiel die Motivation, gerade in dieses Unternehmen einsteigen zu wollen, oder erklären, wo man sich in fünf Jahren sieht. Auch macht sich die Aufzählung von Aktivitäten neben Job oder Schule gut. Ist man bereits lange im Beruf, rät Mai, von bisherigen Erfolgen zu berichten. „Es macht Eindruck, wenn der Bewerber eine Geschichte oder Anekdoten erzählt.“ Zwar, warnt Mai, dürfe man es nicht übertreiben: „Man sollte keinen Bewerbungs-Rap tanzen.“ Doch sollte der Vortrag „euphorisch und leidenschaftlich“ sein.

Auf Unternehmensseiten steht, wie man es macht

Wer ein kurzes Video von sich an die Personalabteilung verschicken möchte, hat verschiedene Möglichkeiten. Viele Interessenten bewerben sich über den Karriere-Button auf der Unternehmens-Webseite – und folgen dort den vorgegebenen Pfaden, laden also hoch, was gewünscht wird. Immer mehr Firmen bieten auf ihrer Seite die Möglichkeit, ein Video aufzunehmen. In der Regel kooperieren sie dazu mit einem spezialisierten Unternehmen wie etwa Jobufo, Viasto oder Talentcube. Dabei handelt es sich um Start-ups, die den Firmen ihre Software zur Verfügung stellen, die diese dann auf ihrer Webseite einbinden. So kann der Bewerber das Video ganz einfach verschicken. Er muss sich dabei lediglich an die Vorgaben des Unternehmens halten. Manche Firmen schreiben vor, wie lang der Clip sein darf, andere stellen Fragen, die es dann von Seiten des Kandidaten mündlich zu beantworten gilt.

Das Estrel-Hotel in Berlin geht einen etwas anderen Weg: In einem ersten Schritt bewerben sich die Interessenten dort auf herkömmliche Weise. Sofern sie ihrer Meinung nach Potenzial besitzen, lädt Personalerin Melanie Mummert sie zu einem „Videointerview“ ein: Das Unternehmen stellt im Vorfeld drei Fragen, die der Kandidat in seiner Botschaft beantwortet. Pro Antwort stehen höchstens 40 Sekunden Sendezeit zur Verfügung. Der Vorteil: Das Video ersetze das persönliche Gespräch vor Ort – welches bedeutend länger dauern würde. Bewerber wiederum müssten nicht extra anreisen.

Eine Bewerbungshomepage erstellen

Das Estrel arbeitet mit dem Münchner Start-up Talentcube zusammen, Fröbel mit Jobufo. Für die Firmen hat das den Vorteil, eine ausgereifte Software nutzen zu können. Es gibt aber noch etliche Firmen, die den Bewerbungsprozess weniger modern gestalten. Sollte man sich auch bei ihnen mit einer Videoaufnahme bewerben? Ja, sagt Mai. Gerade bei einer Initiativbewerbung sei ein Video ein „tolles Extra“, mit dem man sogar in eher konservativen Branchen überzeuge. In diesen Fällen rät er, ein Video per Smartphone oder Laptop aufzunehmen, es auf einer Plattform wie Youtube oder Vimeo hochzuladen, eventuell mit einem Passwort zu schützen – und den Link im Anschreiben zu platzieren. Oder Bewerber nutzen den Service von Talentcube: Über die Seite können sie kostenlos eine „Bewerbungshomepage“ mit Video erstellen – und auch hier den Link ins Anschreiben aufnehmen.

Sabine Hölper

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